Sonderrentensysteme in Europa gehören abgeschafft
Kommissionsbericht: „Privilegien“ sind historisch überholt
Dr. S-W – 05/2020
Im April hat die EU-Kommission als
„Diskussionspapier 125“ einen Bericht über „Special Pensions in the EU“
veröffentlicht. Er wurde verfasst durch Kommissionsmitarbeiter Per Eckefeldt
und Anda Patatarau.
Der Bericht identifiziert im Wesentlichen zwei
Gruppen von Sondersystemen: Solche für bestimmte Personenkategorien wie z.B. im
öffentlichen Dienst oder Selbständige in der Landwirtschaft, und Sondersysteme
oder -regeln für Personen, die besonders belastende oder riskante Tätigkeiten
ausüben. In beiden Fällen sind typischerweise bestimmte Regeln günstiger als
für den Rest der Versicherten, etwa das Rentenalter oder die Rentenhöhe.
Derartige Systeme gibt es in der einen oder anderen Form fast überall in
Europa, mit der Ausnahme Schwedens, Zyperns und – so der Bericht –
möglicherweise auch bald in der Tschechischen Republik.
Das „Gewicht“ dieser Systeme ist sehr
unterschiedlich. (Fast) an der „Spitze“ liegen Polen und Griechenland, wie die Ausgaben für diese
Sondersysteme zeigen; sie entsprechen bis zu 2,7% des BIP. Zum Vergleich: In Deutschland sind es, trotz der Sondersysteme
für Beamte, nur 0,4% - womit Deutschland ganz klar zu den „Schlusslichtern“ zählt. Die hohe Bedeutung der
Sondersysteme in Polen drückt sich auch dadurch aus, dass 22,3% der Rentnerinnen und Rentner betroffen sind.
Der Bericht stellt eine generelle
Reformtendenz fest, die mit Sondersystemen verbundenen Verzerrungen abzubauen
oder sogar abzuschaffen. Er lässt keine Zweifel daran, dass dies der richtige
Weg zum Abbau ungerechtfertigter „Privilegien“ ist. Aus Sicht der Kommission
sind Renten-Sondersysteme historisch überholt oder waren sogar immer schon ein
Irrweg, teils zurückzuführen auf gewerkschaftliche Initiativen. Besonders
belastende Tätigkeiten sollten durch höhere Löhne kompensiert werden, die dann
ja auch zu höheren Renten führen.
Zu demselben Ergebnis könnten höhere
Arbeitgeberbeiträge oder eine steigende Bedeutung ergänzender Rentensysteme im
Fall von besonders belastenden Tätigkeiten führen. Es fällt auf, dass die
Autoren den gezielten Abbau oder eine frühe Beendigung belastender und für die
Gesundheit riskanter Tätigkeiten nicht als Option ins Spiel bringen.
Den Bericht ist finden Sie hier.