
Stellungnahme der Deutschen Sozialversicherung zum Weißbuch Künstliche Intelligenz
Dr. S-W – 06/2020
Die
Europäische Kommission hat im Februar eine Debatte zu einem sicheren und
verantwortungsvollen Umgang mit Künstlicher Intelligenz eingeleitet. In ihrem Weißbuch spricht sie sich für einen „klaren europäischen Regulierungsrahmen“ aus,
unter anderem zum Schutz der Bürger- und Grundrechte, einschließlich Datenschutz,
Schutz der Privatsphäre, Nichtdiskriminierung und Verbraucherschutz.
Die
Spitzenorganisationen der deutschen Sozialversicherung beteiligten sich mit einer Stellungnahme an der Konsultation. Sie weisen darauf hin, dass bei der Entwicklung und dem
Einsatz künstlicher Intelligenz großes Potential in einem europäischen
Erfahrungsaustausch besteht. Soweit die Sozialversicherung und die durch sie
finanzierten Leistungen betroffen sind, bringt allerdings eine Ergänzung
ohnehin schon sehr allgemeiner Rechtsgrundsätze durch eine ebenfalls sehr
allgemein gehaltene „Anpassung des bestehenden EU-Rechtsrahmens unter
Berücksichtigung von KI“ keine zusätzliche Rechtssicherheit und keinen
Mehrwert. Dies schließt allerdings nicht aus, sobald mehr Erfahrungen
vorliegen, bestimmte einzelne Vorschriften zu überprüfen.
Gerade
was den Einsatz im Verwaltungsbereich der Sozialversicherung angeht, stehen die
Überlegungen über einen potentiellen Einsatz von KI noch ganz am Anfang. Daher
bestehen hierzulande auch noch keine Erfahrungen im Umgang mit dem Gebot von
Transparenz, Nichtdiskriminierung und Letztentscheidung durch den Menschen beim
Einsatz von KI. Oft wird sich zeigen, dass grundlegende Probleme auch schon im
Vorfeld und unabhängig von der Nutzung von KI bestehen, sogar unabhängig vom
Einsatz von algorithmischen Systemen. Dies wird bei der Betrachtung erster
Erfahrungen öffentlicher Verwaltungen im Umgang mit KI und automatischen
Entscheidungssystemen im (nicht nur europäischen) Ausland deutlich. Daher
könnte eine Diskussion über einen verantwortungsvollen Umgang mit KI auf
europäischer Ebene sehr wichtige Hinweise auch für die nun in Fahrt kommende
deutsche Diskussion geben.
Vor
allem im Gesundheitssektor liegt, so die Position der Spitzenorganisationen der
deutschen Sozialversicherung, im Einsatz von KI und einer entsprechenden
europäischen Zusammenarbeit großes Potenzial für die Verbesserung der
Versorgung. In diesem Zusammenhang ist auch eine umfassende Datennutzung
notwendig, einschließlich der Nutzung von Gesundheitsdaten, die im Rahmen der
Erbringung von Leistungen durch die gesetzliche Krankenversicherung anfallen
oder die von ihr finanziert werden. Dies schließt ihre Nutzung zum Training und
Lernen von KI-Algorithmen ein, soweit dies z.B. der Verbesserung der Qualität
der Versorgung oder Forschungszwecken dient.
Vorsicht
ist dagegen dort geboten, wo es um Daten geht, die nicht nur
naturwissenschaftlich beobachtbare Fakten betreffen, sondern darüber hinaus
eine rechtliche Ableitung beinhalten, z.B. bei der Frage, ob eine
Berufskrankheit oder ein Arbeitsunfall vorliegt. Eine unmittelbare
Vergleichbarkeit derartiger Daten ist hier nicht gegeben und es muss zunächst
geprüft werden, ob eine Methodik zur Herstellung der Vergleichbarkeit
entwickelt werden kann.