Europäischer Datenschutzbeauftragter zum Weißbuch KI
Datenschutz steht einem Einsatz von KI nicht im Wege.
Dr. S-W – 07/2020
Am 29. Juni veröffentlichte der Europäische
Datenschutzbeauftragte seine Meinung zum Weißbuch der Europäischen Kommission vom 19.
Februar zu „Künstlicher Intelligenz“. Er folgt in vielen Punkten den
Auffassungen der Europäischen Kommission, weicht aber durchaus auch in wesentlichen Punkten
ab. Am deutlichsten wird das beim Regelungsansatz der Europäischen Kommission, der nur
zwischen zwei Risikostufen unterscheidet, wobei nur für Hochrisiko-behaftete
Algorithmen robuste zusätzliche Regelungen vorgesehen sind.
Nach Auffassung des
Datenschutzbeauftragten wäre hier ein nuancierter Ansatz zu bevorzugen, der graduelle Einschätzungen erlaubt. Außerdem seien bestimmte Anforderungen an
alle Arten von KI zu richten, unabhängig vom Risiko-Niveau, so z.B. das Prinzip
der Transparenz oder das Verbot unfairer Diskriminierung.
Kritisch werden Ungenauigkeiten bei der
Definition von „Künstlicher Intelligenz“ gesehen. Das Kommissionsdokument biete
gleich mehrere Ansätze an, ohne sich festzulegen, welcher denn nun einem neuen
Rechtsinstrument zugrunde gelegt werden soll. Der Vorschlag des
Datenschutzbeauftragten schafft hier allerdings auch keine Klarheit. Mit
Skepsis wird ferner die industriepolitische Ausrichtung der
Kommissionsinitiative betrachtet, welche einen beschleunigten breiten Einsatz
von KI fördern will, z. B. in öffentlichen Verwaltungen.
Dem sei
entgegenzuhalten, dass es sich bei KI um kein Allheilmittel handele, sondern um
ein Werkzeug, dessen sinnvoller Einsatz von Fall zu Fall zu prüfen sei.
Insbesondere sei die Behauptung nicht belegt, dass im Gesundheitssektor die
Technologie bereits für eine großflächige Anwendung reif sei; derartige
Äußerungen förderten das Risiko eines „blinden“ Einsatzes.
Der Bericht des Datenschutzbeauftragten lässt
offen, ob tatsächlich neue europäische Regelungen zum gezielten Umgang mit KI
erforderlich sind. Jedenfalls kein Bedarf bestehe bei den europäischen
Datenschutzregeln. Diese seien technologie-neutral und stünden einem Einsatz
neuer Technologien nicht entgegen. Aber auch der Bedarf einer Änderung
europäischer Haftungsregeln sei im Weißbuch nicht hinreichend klar
herausgearbeitet worden. Das Problem nachträglicher Änderungen einer bereits
eingesetzten Software sei nicht neu und vor allem nicht KI-spezifisch. Erst
einmal gehe es nun darum, dass die bestehenden EU-Rechtsvorschriften konsequent
angewandt würden.
Gleich welcher neue europäische
Regulierungs-Rahmen für KI geplant werde – er solle im Rahmen der
Folgenabschätzung klar definieren, wo derzeit regulatorische Lücken vorliegen.
Jeder zukünftige Rechtsrahmen müsse Privatsphäre und die Menschenrechte wahren,
einschließlich der Grundsätze der Transparenz, Rückverfolgbarkeit, menschliche
Kontrolle und Diskriminierungsfreiheit.
Die Position des Europäischen
Datenschutzbeauftragten ist hier zugänglich.