Konferenz zur Zukunft Europas
Startschuss ungewiss.
IF – 06/2020
Die geplante Konferenz
über die Zukunft Europas soll ein noch nie dagewesenes demokratiepolitisches Vorzeigeprojekt
europäischer Bürgerpartizipation sein und von den drei europäischen
Institutionen, dem Parlament, dem Rat und der Kommission, inhaltlich ausgestaltet
und organisiert werden. Dahinter verbirgt sich ein von Kommissionspräsidentin
Ursula von der Leyen in ihren politischen Leitlinien aus 2019 getätigter Vorschlag,
dass die Wünsche der Unionsbürgerinnen und
-bürger beim
Handeln der Europäischen Union besser gehört werden sollen.
Zeitplan coronabedingt gekippt
Die Konferenz sollte eigentlich am 9. Mai, dem
alljährlichen Europatag beginnen und zwei Jahre dauern. Das Parlament möchte,
dass Bürgerinnen und Bürger, Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft
und Interessenvertretungen auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler
Ebene in die Definition der Prioritäten der EU einbezogen werden.
Der Europäische Rat hat die Ausgestaltung der Konferenz zwar
Ende 2019 in Auftrag gegeben, aber die Gespräche über die konkrete Umsetzung
gestalteten sich als sehr schwierig, da der Rat das Mandat sechs Monate nicht
angenommen hat. Die COVID-19 Krise hat alles überschattet und ein politischer
Stillstand, wie bei diesem Projekt, ist schon beachtlich. Somit wurde die
Konzeption weitestgehend lahmgelegt.
Fehlende Motivation?
In
den europäischen Institutionen wurde der Konferenz bereits der Spitzname „das Monster von
Loch Ness“ gegeben. Die Konferenz tauchte immer wieder in verschiedenen
Sitzungen und Prioritätenlisten auf und verschwand wieder ohne substanzielle
Fortschritte erzielt zu haben. Das Europäische Parlament reagierte empört und
übte mit einem Entschliessungsantrag im April Druck aus, um die Konferenz wieder auf die politisch relevante Bühne zu
heben. Die Europaabgeordneten fordern eine offene Bürgerbeteiligung, evaluierbare
Maßnahmen zu den Resultaten der Konferenz, einschließlich einer Verbindlichkeit
der drei großen EU-Institutionen zu EU-Reformen im Einklang mit den Anliegen
der Bürgerinnen und Bürger, möglicherweise einschließlich einer Überprüfung der
EU-Verträge.
Krisenmanager Deutschland
Der kroatische Vorsitz hat diese nicht so leicht lösbare Aufgabe galant Deutschland überlassen. Besonders COVID-19 hat institutionelle Schwächen der EU sehr deutlich aufgezeigt, welche es zu diskutieren und langfristig zu lösen gibt. Das Vertrauen in den deutschen Vorsitz und auch der Druck ist dementsprechend hoch. Der Rat muss hier eine bestimmte Position einnehmen und sich zu Reformen, welche in der Konferenz zur Zukunft Europas festgehalten werden, verpflichten.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel erwähnte in ihrer Präsentation
der Prioritäten des deutschen Vorsitzes im Europäischen Parlament am 9.
Juli in Brüssel auch explizit die Belebung der Konferenz zur Zukunft Europas,
um eine neue Dynamik in die europäische Politik zu bekommen. Möglicher wünschenswerter
Start der Konferenz soll Herbst 2020 sein, aber
ob dies tatsächlich realisierbar ist bleibt abzuwarten.