Erfolg­reiche Beispiele einer inklu­siven Arbeits­platz­ge­stal­tung.

SW – 09/2020

Was sind angemessene Vorkehrungen am Arbeitsplatz, um eine Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu ermöglichen und Diskriminierungen auszuschließen? Bereits im Mai 2019 startete die Europäische Kommission ihre Kampagne #EUvsDiscrimination. Ein Teil der Kampagne konzentrierte sich speziell auf angemessene Vorkehrungen am Arbeitsplatz für Menschen mit Behinderungen. Im Rahmen eines Webinars am 11. September 2020 hat die Europäische Kommission nun einen Leitfaden zum Thema vorgestellt (liegt nur in Englisch vor). Ziel des Leitfadens ist es, das allgemeine Verständnis darüber zu verbessern, was „angemessene Vorkehrungen“ am Arbeitsplatz bedeuten und wie sie in die Praxis umgesetzt werden können.

Beschäf­ti­gungs­si­tua­tion von Menschen mit Behin­de­rungen

Nach wie vor besteht zwischen der Beschäftigungssituation von Menschen mit und ohne Behinderung in der EU durchschnittlich eine Lücke von 24,2 Prozentpunkten. Dabei reicht die Bandbreite von 17,1 Prozentpunkten in Lettland bis hin zu 42,2 Prozentpunkten in Irland. Der Ausschluss vom Arbeitsmarkt führt dazu, dass Menschen mit Behinderungen sozialer Ausgrenzung und Benachteiligung sowie einem höheren Armutsrisiko ausgesetzt sind und erhebliche Hindernisse bei der Teilhabe an der Gesellschaft erfahren.

Diese Beschäftigungslücke besteht, obwohl die EU und alle Mitgliedstaaten die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN BRK) ratifiziert haben, die Diskriminierungen auf dem Arbeitsmarkt aufgrund einer Behinderung ausdrücklich verbietet und die Vertragsstaaten dazu auffordert, für angemessene Vorkehrungen am Arbeitsplatz Sorge zu tragen. Und auch die Richtlinie 2000/78/EG zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf sieht vor, dass Arbeitgeber im Einzelfall geeignete Maßnahmen treffen müssen, um einer behinderten Person den Zugang zu Beschäftigungsverhältnissen und die Teilnahme an Ausbildung zu ermöglichen, es sei denn, diese Maßnahmen würden den Arbeitgeber unverhältnismäßig belasten.

Vom guten Beispiel anderer lernen

Der Leitfaden zeigt vielversprechende Praktiken öffentlicher und privater Arbeitgeber, die durch verschiedene Maßnahmen zur Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen in den allgemeinen Arbeitsmarkt und zur Schaffung eines angemessenen Arbeitsumfelds beigetragen haben. Er greift auch gängige Stereotypen und Missverständnisse über Kosten oder Komplikationen der Bereitstellung angemessener Vorkehrungen für Menschen mit Behinderungen auf.

Oft werde angenommen, dass es kompliziert und teuer sei, angemessene Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen oder dass zur Planung immer Fachwissen erforderlich sei. Angemessene Vorkehrungen könnten jedoch vielfältig sein. Sie könnten umfangreiche technische Lösungen beinhalten, wie der Einbau von Aufzügen und Rampen, oder auch vergleichsweise einfache, wie das Installieren einer Computersoftware und auch Arbeitsvereinbarungen, Schulungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen betreffen.

Dem stünden eine Vielzahl positiver Auswirkungen inklusiver Betriebe gegenüber, wie zum Beispiel die Möglichkeit, aus einem breiteren Talentpool rekrutieren zu können, eine geringere Fluktuation im Personal, ein positives Unternehmensimage oder eine wachsende Marktgröße im Hinblick darauf, dass einer von drei Menschen zwischen 50 und 65 Jahren eine Behinderung erwirbt.

Ebenfalls dem Austausch guter Praxis dient eine internationale Studie zur Barrierefreiheit in Unternehmen, die das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) gefördert hat und die von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) durchgeführt wurde. Ziel der Studie war es, innovative Beispiele im Ausland zu identifizieren, Barrieren in Unternehmen abzubauen und dadurch den Zugang von Menschen mit Behinderung in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu verbessern. Die Ergebnisse der Studie wurden im Juni 2020 veröffentlicht (liegt nur in Deutsch vor) und werden Unternehmen in Deutschland und deren Verbände als Anregung zur Verfügung gestellt, um einen Wandel im privaten Sektor zu mehr Barrierefreiheit und damit einer höheren Beschäftigungsquote von Menschen mit Behinderung zu erreichen.

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