
EIOPA blickt Jahrzehnte in die Zukunft: jetzt auch bei Renten der 2. und 3. Säule
Verbesserungsbedarf bei individueller Rentenauskunft.
Dr. S-W – 01/2021
Die Europäische Kommission beauftragte am 14. Januar EIOPA,
die europäische Aufsichtsbehörde für Versicherungen und Pensionsfonds, einen
speziellen Beitrag zur Erhöhung der Transparenz möglicher Rentenlücken zu
leisten, die Anfrage finden Sie hier.
Konkret geht es gleich um zwei Anliegen, zu denen Rat
eingeholt wird:
- der Verstärkung der Transparenz auf individueller Ebene
durch nationale Renteninformationssysteme,
- und einem besseren Verständnis Systeme der zweiten und
dritten Säule und ihres Beitrags auf Makro-Ebene zur Angemessenheit der
Alterssicherung – unter dem Stichwort „Pension Dash Board“.
Thematisch geht es also um zwei recht verschiedene Ansätze. Die
auf nationaler Ebene erteilten individuellen Renteninformationen sollen auf
„vorbildliche Praktiken“ untersucht werden. Dabei soll die Renteninformation
nicht nur das Niveau des zu erwartenden Deckungskapitals, sondern auch die Höhe
der erwartenden laufenden Rente angeben, heruntergebrochen auf die einzelnen
Produkte. Gerade bei beitragsdefinierten Systemen, eher vergleichbar
Investitionsprodukten, müssten ggfs. auch alternative Formen der Auflösung des
Deckungskapitals dargestellt werden. Im Fall der kapitalgedeckten Systeme
besteht zudem das Problem in der Prognose in Zukunft zu erwartender Kapitalerträge.
Ungeachtet des konkreten Durchführungswegs der Alterssicherung soll auch
geprüft werden, auf welche Weise Informationen über die zu erwartende Besteuerung
in die Auskunft integriert werden könnten.
„European Tracking Service for Pensions“
In der Perspektive sollen die nationalen Renteninformationssysteme
dann zu einem grenzüberschreitenden europäischen System weiterentwickelt
werden, einem „European Tracking Service for Pensions“. Eine heikle Aufgabe
besteht in diesem Zusammenhang darin, sich bis zu einem gewissen Grad auf eine
Standardisierung der Annahmen und Projektionsmethoden zu verständigen, um
Informationen vergleichbar zu machen. EIOPA wird beauftragt, sich mit den Partnern
des ETS-Projekts, zu beraten. Dabei sollen vor allem Hindernisse bei der
Identifizierung berechtigter Personen und beim grenzüberschreitenden
Informationsaustausch aufgedeckt werden.
Aus Sicht der Betreiber des ETS-Projekts wird die
Formulierung des „Call for advice“ als Bestätigung für den Aufbau des ETS/Find
Your Pension gesehen und die Unterstützung durch die Kommission begrüßt. Dabei
besteht der „Service“ aber nicht nur aus einer Dateninfrastruktur, sondern auch
aus einem Portal, das die Nutzer auf ihrem Weg zu ihren Rentenanwartschaften
„geleiten“ (also guiden) soll. Hieraus ergibt sich viel Stoff für Best Practice-Austausche
zu vielen Themen. Insoweit ist die Arbeit von EIOPA sowie das Netzwerk eine
Gelegenheit, die das ETS-Projekt für seine Arbeit nutzen kann und zu der es
gerne auch selbst beitragen wird.
„Pension Dash Board“
Die Schaffung eines „Pension Dash Boards“ dagegen soll
langfristige Projektionen künftiger Renteneinkünfte erlauben, und zwar über
alle Säulen hinweg. Hierbei geht es vor allem um den Deckungsgrad und das
Niveau. Für die erste Säule besteht bereits ein derartiges Instrument, vor
allem auch mit Blick auf die Entwicklung der altersbedingten öffentlichen
Ausgaben. Die Ergebnisse werden alle paar Jahre in einem „Ageing Report“ (Nachhaltigkeit)
und „Rentenangemessenheits-Bericht“ veröffentlicht; die nächste Edition der
beiden Berichte steht im April/Mai 2021 an. Während die Projektionen für die
erste Säule in den meisten Fällen über die nächsten 50 Jahre (Nachhaltigkeit)
bzw. 40 Jahre (Angemessenheit) reichen, haben die meisten Mitgliedstaaten noch
keine entsprechenden Projektionen für nicht-öffentliche Systeme durchgeführt. Auf
der anderen Seite verfügt EIOPA bereits heute über ein breites Datenspektrum
über betriebliche Rentensysteme. Hier geht soll EIPOA Ideen entwickeln, wie
bestehende Informationslücken geschlossen werden könnten. Noch mehr Arbeit
steht bei der Erschließung entsprechender Datenquellen für private Systeme der
3. Säule bevor.
Interessant im Zuge der makroökonomischen Betrachtungen
kapitalgedeckter Rentensysteme ist die Rolle von fiskalischen Anreizen oder
weiter gefasst der Besteuerung der entsprechenden Systeme und Produkte, und
zwar sowohl in der Anspar- wie in der Rentenphase. Und sogar noch einen Schritt
weiter geht der Auftrag an EIOPA: Der Zusammenhang zwischen Mindesteinkommenssystemen
und Altersrentensystemen und ihre Auswirkung auf die öffentlichen Finanzen soll untersucht
werden. Spätestens an dieser Stelle sollte klar geworden sein, dass es beim
Anliegen der Kommission keinesfalls nur um „technische Hilfen“ geht.
Der Zeithorizont für die „Lieferung“ von technischen
Ratschlägen durch EIOPA ist der 1. Dezember 2021. Was die individuellen
Rentenauskunftssysteme angeht, so wird die EU-Kommission zusätzlich Experten
konsultieren, die von den Mitgliedstaaten benannt werden.