Der Alte Kontinent braucht mehr Zuwanderung von Gesundheitspersonal.

UM – 03/2021

Eine Studie der Gemeinsamen Forschungsstelle (GFS) der Europäischen Kommission aus diesem Jahr zeigt: Wenn die Menschen in der Europäischen Union (EU) im Alter und bei Pflegebedürftigkeit gut versorgt sein wollen, dann werden deutlich mehr Arbeitskräfte in der Gesundheits- und Langzeitpflege gebraucht. Um den Bedarf zu decken, ist auch mehr qualifiziertes Personal aus Drittländern nötig. Insgesamt sind bis zum Jahr 2030 elf Millionen zusätzliche Gesundheits- und Langzeitpflegekräfte erforderlich.

Europa wird alt

Denn – auch bei deutlichen Unterschieden in den einzelnen Ländern – Europa altert. War 2019 ein Fünftel aller Menschen in der EU älter als 65 Jahre, wird es im Jahr 2060 ein Drittel sein. Dies stellt für die Gesundheitssysteme, insbesondere aber für die Pflege, eine enorme Herausforderung dar. Die Entwicklung von geeigneten Arbeitskräften müsse ganzheitlich geplant werden, damit sie hinsichtlich ihres Umfangs als auch ihrer Qualifikationen dem steigenden Bedarf entsprechen könne, so die Autoren der Studie.

Pflegekräfte fehlen

Schon heute arbeiten in der EU fast zwei Millionen einschlägig Beschäftigte außerhalb ihres Herkunftslandes. Sie wandern vorzugsweise in Richtung Deutschland mit seinem umfassenden Gesundheits- und Pflegesystem, daneben nach Italien, Schweden, Frankreich und Spanien. Gut zwei Drittel aller „ausländischen“ Pflegekräfte arbeiten in diesen fünf Ländern. Auch wenn ihr Anteil mit 13,2 Prozent in den letzten Jahren gestiegen ist; insgesamt sind es noch viel zu wenige. Der entsprechende Anteil in den USA oder im Vereinigten Königreich sei signifikant höher.

Europa braucht mehr Kräfte aus Drittländern

Ein guter Teil des Personalbedarfs würde zwar über inländische Bildungsmaßnahmen oder die Mobilität innerhalb der EU gedeckt werden können. Die Migration aus Drittländern spiele aber eine immer wichtigere Rolle. Laut Studie fehlt ein sektorspezifisches Instrumentarium zur systematischen Rekrutierung von Gesundheits- und Pflegekräften außerhalb Europas. Zudem sei die Ausbildung in den Ländern sehr unterschiedlich und die Verfahren der Anerkennung von Qualifikationen komplex. Darüber hinaus würde die Anwerbung von Langzeitpflege- oder Betreuungskräften wegen fehlender Bewertungsschemata für die informellen Qualifikationen, die gerade für diese Jobs benötigt werden, erschwert. Es gäbe auch nur eine überschaubare Zahl internationaler Partnerschaften zur Gewinnung von Gesundheits- und Pflegepersonal.

Deshalb empfehlen die Autoren, die bestehenden Migrationskanäle zu bündeln und stärker auf die Gesundheits- und Langzeitpflegesysteme auszurichten. Den bestehenden Globalen Verhaltenskodex der WHO für die internationale Rekrutierung von Gesundheitspersonal gelte es dabei zu beachten.