Freizügigkeit mit vielen Hindernissen
Verbesserungen für mobile Arbeitskräfte in der Europäischen Union gefordert.
KL – 04/2021
Im
Europäischen Parlament, Ausschuss für Beschäftigung und soziale
Angelegenheiten, wurde durch den Europaabgeordneten Radan Kanev (EVP/BG) am 29. März 2021 ein Initiativbericht vorgestellt und beraten. Er befasst
sich mit den Auswirkungen der EU-Vorschriften auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit
und den freien Dienstleistungsverkehr.
Der
Bericht wurde vor der Corona-Pandemie in Auftrag gegeben und richtet sein Hauptaugenmerk
auf die Arbeitsbedingungen von mobilen Arbeitskräften in der Europäischen
Union. Im Fokus stehen Wanderarbeitnehmende, Saisonkräfte, entsandte Arbeitnehmende
und Grenzgänger. Darüber hinaus befasst sich der Bericht mit bürokratischen und
rechtlichen Hindernissen für Dienstleistende, Freiberufler und kleine oder
mittelständische Unternehmen, die in mehr als einem Mitgliedstaat der EU tätig
sind.
Festgestellte Defizite
Das
Europäische Parlament weist auf ein Bündel von Defiziten hin, die die
Arbeitnehmerfreizügigkeit in der Europäischen Union behindern und die schon vor
der Corona-Pandemie bestanden haben. Folgende Punkte werden angeführt:
- Eine
fehlende Harmonisierung der Rechtsvorschriften auf EU-Ebene,
- die
als zu zögerlich wahrgenommene Ausübung der geteilten Zuständigkeiten der
EU-Organe bei den Arbeits- und Sozialversicherungsvorschriften,
- die
begrenzten Zuständigkeiten der Europäischen Arbeitsbehörde (ELA) einschließlich
mangelnder Festlegungen für künftige Tätigkeiten sowie
- häufige
und systematisch missbräuchliche Verstöße gegen Arbeitnehmerrechte,
insbesondere bei mobilen Arbeitskräften.
Die
Auswirkungen der Corona-Pandemie wurden in den Initiativbericht zusätzlich mit
aufgenommen, weil schwierige und teilweise unzureichende Arbeitsbedingungen bei
Grenzgängern, Saisonkräften und entsandten Arbeitnehmenden in der Pandemie besonders
zu Tage getreten sind. Beispielhaft genannt werden Arbeitnehmende in
Schlachthöfen und Saisonkräfte, denen entweder der Zugang zu ihren
Arbeitsplätzen verweigert wurde oder die isoliert, ohne sozialen Schutz und mittellos
im Ausland bleiben mussten.
Als
weiteres Kernproblem wird im Bericht eine mangelnde Koordinierung der Systeme
der sozialen Sicherung in der Pandemie angesprochen. Einige insoweit
geschlossene bilaterale Verträge seien insgesamt unzureichend. Angeregt wird außerdem
die stärkere Digitalisierung der Verfahren und Anwendungen für die
verschiedenen nationalen Systeme.
Wie geht es weiter?
Das Europäische Parlament hat den Initiativbericht zusammen mit einem
Entschließungsantrag angenommen. Damit wurde auch ein Katalog an konkreten Forderungen
sowohl an die Mitgliedstaaten als auch an die Europäische Kommission gerichtet.
Die Forderungen umfassen eine Vielzahl von Themen wie beispielsweise die
Einhaltung und Umsetzung der Entsenderichtlinie, gleichen Lohn für gleiche
Arbeit und die Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen. Die
Mitgliedstaaten sollen auch Bemühungen zur Ausweitung des
Sozialversicherungsschutzes koordinieren.
Die
Europäische Kommission wurde unter anderem zur Prüfung und Analyse negativer
Entwicklungen auf die Mobilität von Arbeitskräften aufgefordert. Weitere
Forderungen betreffen die Verbesserung der Funktionsfähigkeit der ELA und deren
Evaluierung. Außerdem sollen die Digitalisierung vorangetrieben sowie weitere
Strategien und Maßnahmen zum Gesundheitsschutz und zum Schutz von
Arbeitnehmenden am Arbeitsplatz entwickelt werden.