Deutliche Anzeichen der „Ermüdung“.

SW – 05/2021

Die psychische Gesundheit und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Maßnahmen der EU und der Regierungen der Mitgliedstaaten haben seit Ausbruch der COVID-19-Pandemie abgenommen. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Leben, Arbeiten und Covid-19“ der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen (Eurofound), die die soziale und wirtschaftliche Lage der Menschen in Europa im Frühjahr 2021 beleuchtet (Text liegt nur in Englisch vor).

Psychisches Wohlbefinden auf Tiefststand

Nach einem Jahr COVID-19-Pandemie und einer Reihe vollständiger Lockdowns zeige die Bevölkerung Europas spürbare Anzeichen der „Ermüdung“. Das psychische Wohlbefinden habe in allen Altersgruppen den niedrigsten Stand seit Beginn der Pandemie erreicht. Besonders betroffen seien hiervon junge Menschen und diejenigen, die ihren Arbeitsplatz verloren hätten. Ein Jahr nach der Schließung der ersten Unternehmen aufgrund des Ausbruchs der COVID-19-Pandemie waren 10 Prozent der Befragten, die vor der Pandemie beschäftigt waren, arbeitslos, ein Anstieg von zwei Prozentpunkten gegenüber der Situation im Sommer 2020 (8 Prozent) und doppelt so hoch wie im Frühjahr 2020 (5 Prozent).


Bei den jungen Menschen sind diejenigen im Alter von 18 bis 29 Jahren am stärksten betroffen, 17 Prozent waren zuletzt arbeitslos, verglichen mit 9 Prozent der über 30-Jährigen. Gleichzeitig stieg die Arbeitsplatzunsicherheit bei denjenigen, die einen Arbeitsplatz hatten. Das Gefühl, ihren Arbeitsplatz in den nächsten drei Monaten zu verlieren, war zu Beginn der Pandemie am schlimmsten (33 Prozent), verbesserte sich bis zum Sommer 2020 deutlich (24 Prozent) und verschlechterte sich im Frühjahr 2021 erneut (26 Prozent).

Zunehmende Ungleichheiten

Die bestehenden Ungleichheiten hinsichtlich besonders schutzbedürftiger Gruppen haben pandemiebedingt zugenommen. Über Schwierigkeiten, bis zum Ende eines Monats finanziell „über die Runden zu kommen“, berichten insbesondere denjenigen, die sich in einer prekären Lage befinden, wie Personen, die finanzielle Unterstützung beantragt, aber nicht erhalten haben, die während der Pandemie ihre Arbeit verloren haben oder bereits arbeitslos waren. Gezeigt hat die Umfrage auch die erheblichen Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten. Der Anteil variiert zwischen 14 Prozent der Befragten in Dänemark, die über entsprechende finanzielle Schwierigkeiten berichten, bis zu 74 Prozent der Befragten in Kroatien.

Abnehmende Zufriedenheit

Die Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger mit Krisenunterstützungsmaßnahmen ist deutlich zurückgegangen, nur 12 Prozent sind der Meinung, dass Unterstützungsmaßnahmen fair sind, gegenüber 22 Prozent im Sommer 2020. Der Anteil derjenigen, die der Ansicht waren, dass Unterstützungsmaßnahmen einfach und effizient sind, ging von 16 Prozent im Sommer 2020 auf 10 Prozent im Frühjahr 2021 zurück.

Skepsis gegenüber Impfstoffen

Auch das Vertrauen in die Impfstoffe ist nicht uneingeschränkt. Mehr als ein Viertel der europäischen Bürgerinnen und Bürger haben eine eher skeptische Haltung gegenüber den COVID-19-Impfstoffen. Die Einstellung zu den Impfstoffen korreliert mit dem Vertrauen in die jeweiligen Regierungen und der Nutzung Sozialer Medien.


In Ländern mit geringerem Vertrauen in die eigene Regierung sind Bürgerinnen und Bürger skeptischer. Darüber hinaus hat die Frage der Hauptinformationsquelle erheblichen Einfluss. Während starke Nutzer Sozialer Medien (drei oder mehr Stunden täglich) etwas zögerlicher sind (30 Prozent) als andere (26 Prozent), steigt der Anteil der Impfstoffskeptiker unter denjenigen, die Soziale Medien als Hauptnachrichtenquelle nutzen, auf 40 Prozent. Unter denjenigen, die traditionelle Nachrichtenquellen (Presse, Fernsehen und Radio) als Hauptinformationsquelle verwenden, beträgt der Anteil der Impfstoffskeptiker nur 18 Prozent.

Vertrauen zurückgewinnen

Der Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass die Verhinderung wirtschaftlicher und sozialer Ungleichheiten zwischen den Mitgliedstaaten und ihren Bürgerinnen und Bürgern unabdingbar sei, da andernfalls das ohnehin schwache Vertrauen in die Regierungen und in das Projekt der Europäischen Union weiter untergraben werde und die politische Unzufriedenheit im Hinblick auf den „europäischen Gesellschaftsvertrag“ wachse.