Zukunft und Pflege
Die Langzeitpflege stellt die älter werdenden Gesellschaften vor Herausforderungen.
UM – 06/2021
Europas Gesellschaften werden älter, die Menschen sind damit häufiger auf Leistungen zur Pflege angewiesen. Ihre Bedürfnisse werden höchst unterschiedlich befriedigt: Durch ein Nebeneinander von professioneller und informeller Pflege, zuhause oder in einer stationären Einrichtung, unter Nutzung von Sachleistungen, von Geldleistungen oder Kombinationen von beidem.
Mit Rat und Tat
Die EU will ihren Mitgliedstaaten helfen, durch Information, durch die Entwicklung von Indikatoren, durch Bereitstellung von Mitteln über den Sozialfonds, und nicht zuletzt durch die Unterstützung derer, die in einem hohen Maße informelle Pflege leisten. Begleitend erfolgt ein Monitoring über das Europäische Semester.
Langzeitpflege ist ein Flickenteppich
Geht es um die Langzeitpflege, sind die Mitgliedstaaten in Europa höchst unterschiedlich aufgestellt. Entsprechend anspruchsvoll war die Aufgabe des Sozialschutzausschusses (Social Protection Committee - SPC), eines Beratungsgremiums des EPSCO, und der Generaldirektion für Soziales und Arbeit der Europäischen Kommission (DG EMPL), ihre Untersuchungsergebnisse zu bündeln. Der jüngst veröffentlichte Pflegebericht 2021 hält eine umfassende Analyse über die gemeinsamen Herausforderungen in der Langzeitpflege für ältere Menschen bereit, daneben vertiefte Untersuchungen der Zustände in den einzelnen Ländern, in deren politische Gestaltungskompetenz die Langzeitpflege fällt (Länderberichte siehe hier).
Die Empfehlungen des Berichts fallen zwangsläufig vielfältig aus und gehen dahin,
- vergleichbare Daten zu den Bedarfen, den Zugängen, der Bereitstellung und der Absicherung der Langzeitpflege zu erheben und geeignete Indikatoren zu entwickeln,
- die Qualität der Pflege hinsichtlich ihrer Standards, der Finanzierung, der Organisation, der technischen Unterstützung und insbesondere der Arbeitskräfte in der Pflege zu verbessern,
- ein ausreichendes Angebot an Pflegekräften vor dem Hintergrund schwieriger Arbeitsbedingungen, niedriger Löhne, einem hohen Grad an informeller Pflege sowie einer wachsenden Mobilität und Migration sicherzustellen,
- eine nachhaltige Finanzierung sicherzustellen. Das sei in vielen Staaten nicht gegeben. Langzeitpflege sei häufig kein eigenes Politikfeld, auf unterschiedlichen Ebenen organisiert und finanziere sich aus diversen Quellen. Die Möglichkeiten der Prävention und des technischen Fortschritts seien schon allein deshalb auszuschöpfen.
Strukturelle Weiterentwicklung erforderlich
Zwar seien in verschiedenen Mitgliedstaaten in den letzten Jahren Reformen ergriffen worden, diese hätten aber immer nur auf einzelne Aspekte der Systeme gezielt. In der Pandemie sei es zudem zu einer Reihe von Ad-hoc-Maßnahmen gekommen. Strukturelle Veränderungen seien jedoch zumeist ausgeblieben.
Weniger Pflege zum Nulltarif
Die Autoren des Pflegeberichts 2021 weisen auch darauf hin, dass Langzeitpflege eine ausgesprochene Gender-Dimension hat. Insbesondere im Bereich der informellen Pflege dominieren Frauen. Mit unbezahlter Pflege durch meist weibliche Familienangehörige darf dauerhaft nicht gerechnet werden. Eine weiterhin steigende Teilnahme von Frauen auf den Arbeitsmärkten wird den Druck erhöhen, die professionelle Pflege auszubauen.