Die „Ley Rider“ erfüllt nicht die Erwartungen.

Dr. S-W – 09/2021

Mit Wirkung zum 12. August ist in Spanien ein Gesetz in Kraft getreten, welches eigentlich den über elektronischen Plattformen arbeitenden Fahrern mehr soziale Rechte geben sollte. Allerdings gelingt es offenbar einigen Plattformen, den neuen Regelungen auszuweichen. Geschaffen wurde nämlich nur eine Beweislastumkehr: Die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses, wenn nicht das Gegenteil bewiesen wird, d.h. das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit. Die Reaktion der verschiedenen Plattformbetreiber ist durchaus unterschiedlich. Deliveroo kündigte an, seine Aktivitäten in Spanien einzustellen. Dadurch werden mehr als 3.000 Fahrer erst einmal ihren Job verlieren. Glovo, die größte auf diesem Gebiet in Spanien tätige Plattform, wird nur 2.000 seiner ca. 12.000 Fahrer fest einstellen und nutzt für die übrigen Fälle Einfallstore, welche der Europäische Gerichtshof im Fall „Yodel“ eröffnet hat.

Danach genügen im Ergebnis schon relativ geringfügige Änderungen im Zugangsalgorithmus, um eine Einstufung als Selbständiger zu rechtfertigen. Die Praxis von Glovo wird allerdings bereits gewerkschaftlich vor der Arbeitsinspektion angefochten. Es wird mit weiteren nationalen Gerichtsverfahren gerechnet. Die möglichen Kläger berufen sich auf eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs Spaniens, die angeblich immer dann von einem Beschäftigungsverhältnis ausgeht, wenn der Plattformbetreiber Eigentümer der vom Plattformarbeiter eingesetzten Software ist. Zwei weitere Plattformen – Stuart Delivery und Just Eats – haben angekündigt, in Zukunft einen größeren Teil ihrer Fahrer direkt einzustellen - wie groß genau dieser Teil ist, bleibt aber erst einmal im Dunklen. 

Eine weitere Strategie der Plattformbetreiber besteht darin, den Status eines Arbeitgebers über die Einschaltung eines Subunternehmers zu vermeiden. Diesen Weg gehen Uber Eats und zu einem Teil auch Glovo.  Auch er stößt jedoch rechtlich auf Widerstand.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass die „Ley Riders“ eher weitere Rechtsunsicherheiten provoziert und erst einmal wenig hilfreich ist. Nun wird ein weiteres Mal viel Arbeit auf die Gerichte zukommen. Diese Erfahrung wirft auch ein nicht eben günstiges Licht auf die Pläne der EU-Kommission, im Rahmen ihrer angekündigten Initiative zur Plattformarbeit europaweit eine Art Beweislastumkehr auf den Weg zu bringen.

Am Rande sei noch auf eine aktuelle Entwicklung in Deutschland hingewiesen. Schon in der Vergangenheit hatte die Plattform Lieferando – inzwischen ein Teil des Niederländischen Konzerns Just Eat – seine Fahrer als Arbeitnehmer beschäftigt. Dies geschah allerdings meistens auf der Basis befristeter Verträge. Von dieser Praxis will Deliveroo nun abrücken und die Fahrer in Zukunft unbefristet einstellen.