Künstliche Intelligenz, Plattformarbeit und Gleichberechtigung
Ein Wendepunkt ist erreicht.
TH – 11/2021
Fortschritte in der
Rechenleistung, enorme Datenmengen und neue Algorithmen haben in den letzten Jahren
zu großen Durchbrüchen in der Künstlichen Intelligenz (KI) geführt.
Insbesondere die COVID-19-Pandemie hat nun auch die wachsende Nutzung von KI im
Alltag deutlich gemacht und beschleunigt. KI ist in der Lage, alle Aspekte des
Lebens, einschließlich der Arbeitswelt, zu verändern. KI-Systeme bieten auch neue
Chancen für die Geschlechterentwicklung und Gleichstellung, jedoch birgt ihre
Nutzung auch neue Herausforderungen und Risiken. Muster in der
Geschlechterungleichheit könnten geschaffen oder verstärkt werden, insbesondere
dürften bereits bestehende Geschlechterungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt zu
geschlechtsspezifischen Auswirkungen führen. Ähnliche Bedenken müssen im
Zusammenhang mit der zunehmenden Einführung von KI-Technologien zur
Mitarbeiterführung sowie dem massiven Aufkommen von Plattformarmarbeit erlaubt
sein.
Ein Bericht des Europäischen
Instituts für Gleichstellungsfragen (EIGE), erstellt im Rahmen der slowenischen
Ratspräsidentschaft, beleuchtet diese Fragen ausführlich.
Viele Probleme, wenige Chancen
KI verändert den Arbeitsmarkt auf vielfältige Weise. Die
Studie hebt hervor, dass Frauen aufgrund der Automatisierung einem etwas
höheren Risiko ausgesetzt sind, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Die Nachfrage
nach KI-Talenten wächst, dennoch sind Frauen hier weitgehend unterrepräsentiert.
Geschlechtsspezifische Vorurteile und inhärente Diskriminierung in den
algorithmischen Technologien, die zur Verwaltung der Arbeitskräfte eingesetzt
werden, verstärken bereits bestehende geschlechtsspezifische Ungleichheiten. Auf
der anderen Seite ergeben sich jedoch insbesondere im Bereich der
Plattformarbeit auch Chancen, die zumindest im Bereich der Geschlechtergleichstellung
Anlass zur Hoffnung geben. Mehr Frauen haben begonnen, auf digitalen
Plattformen zu arbeiten; dass diese Form der Arbeit mehr Flexibilität
ermöglicht, ist bekannt, und auch die Geschlechtertrennung ist geringer als auf
dem traditionellen Arbeitsmarkt. Andererseits haben Frauen und Männer, die auf
Plattformen arbeiten, einen schlechten sozialen Schutz.
Handlungsbedarf besteht an vielen Fronten, und man ist nicht untätig
Die Probleme sind vielschichtig,
und müssen letztendlich in Ihrer Gesamtheit betrachtet werden; dies wurde auch
erkannt.
So benennt die EU-Strategie
für die Gleichstellung der Geschlechter 2020-2025 die KI als Schlüssel und Treiber
des wirtschaftlichen Fortschritts. Frauen müssen daher unter den KI-Entwickelnden,
-Forschenden und -Programmierenden sein. Diese Strategie erfordert auch, dass
Segregation, Stereotypisierung und geschlechtsspezifische Unterschiede in der
Bildung angegangen werden. Letztendlich wird größere Vielfalt im
KI-Entwicklungssektor auch dazu beitragen, bislang unfaire Verzerrungen in Daten
zu beseitigen.
Zur KI hat die Europäische Kommission
bereits vorgelegt: nach der Veröffentlichung eines Weißbuchs zur KI im Jahr 2020 wurde im April 2021 ein Vorschlag für eine Verordnung, das Gesetz über künstliche Intelligenz, auf den Weg
gebracht. Man will harmonisierte Regeln für KI festlegen, die Werte und
Grundwerte der Europäischen Union wahren, die Grundrechte, einschließlich der
Gleichstellung der Geschlechter, schützen, und die Benutzersicherheit erhöhen.
Auch hinsichtlich der
Plattformarbeit ist man nicht tatenlos: noch für dieses Jahr hat die Kommission
im Aktionsplan
zur Säule sozialer Rechte eine Gesetzesinitiative angekündigt.
Es bleibt zu wünschen, dass
die Zusammenarbeit aller Beteiligten intensiviert und beschleunigt wird; letztendlich
ist eine Lösung für Alle nur unter Beteiligung Aller möglich.
Zur Studie geht es hier (in englischer Sprache).