Erster Tarifvertrag für auf Plattformen Beschäftigte in Spanien unterzeichnet.

TH – 01/2022

Nach anfänglichen Zweifeln an seiner Wirksamkeit hat die "Ley-Rider"  (siehe unsere letztjährige News) nun doch Bewegung in die Arbeitsbedingungen der Plattformbeschäftigten gebracht. 

Entwicklungen...

Nach mehreren Berichten der Arbeitsaufsichtsbehörde und widersprüchlichen Urteilen der vorinstanzlichen Gerichte entschied der Oberste Gerichtshof in Spanien im September 2020, dass Plattformarbeiter Arbeitnehmer und keine Selbständigen seien. Daher müssten für sie die allgemeinen Arbeits- und Sozialversicherungsrechte gelten.

Nach diesem Urteil begann ein Prozess des sozialen Dialogs, der dann zur Verabschiedung des Gesetzes 12/2021 führte (besser bekannt als "Ley Rider"). Dieses setzt einen Arbeitsvertrag zwischen dem Arbeitnehmer und der Plattform voraus, da erstere faktisch Entscheidungen unterliegt, die sich aus dem Algorithmus der letzteren ergeben. Das Gesetz ist weniger inhaltlich wegweisend - die Vermutung eines Arbeitsvertrags war bereits in Kalifornien etabliert worden - als vielmehr in seiner Entstehung: nämlich durch eine Vereinbarung zwischen repräsentativen Gewerkschafts- und Arbeitgeberverbänden Spaniens.

...mit greifbaren Ergebnissen

Die EU folgte Spaniens Weg: auch in dem im vergangenen Monat veröffentlichten Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission ist die Vermutung eines Arbeitsvertrags zwischen Arbeitnehmer und Plattform der gewählte Weg. Und jetzt mündete die lange Reise in Spanien in der Unterzeichnung eines ersten Tarifvertrags zwischen der Lieferplattform Just Eat und zwei großen Gewerkschaftsverbänden.

Dies ist zumindest ein erster Schritt zur Normalisierung der Plattformarbeit innerhalb des dortigen Arbeitsmarktes. Für die auf Plattformen Beschäftigten werden Löhne, Arbeitszeiten und allgemeine Bedingungen geregelt. Ein festgelegter Mindestlohn ist ebenso Bestandteil der Verträge wie Nachtzuschläge oder ein Urlaubsanspruch sowie ein Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung. Weiterhin sind eine tägliche Höchstarbeitsdauer sowie zwei wöchentliche Ruhetage vorgesehen. Die erforderlichen Arbeitsmittel wie Smartphone oder gegebenenfalls erforderliche Schutzkleidung müssen vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden.

Menschliche Kontrolle der Algorithmen

Schließlich verpflichtet sich die Plattform, die geltenden Datenschutzrichtlinien zu respektieren und die Beschäftigten jederzeit über den Algorithmus zu informieren, den sie zur Verwaltung ihrer Arbeit verwendet. Zur Überwachung soll ein sogenanntes „Algorithmuskomitee“ gebildet werden, das die Pflicht zur Transparenz und einer am Schluss menschlichen Entscheidung beim Einsatz von Algorithmen abbildet.

Spanien als Vorbild

Es bleibt zu hoffen, dass die anderen Mitgliedstaaten unter Beteiligung der betroffenen Sozialpartner dem Beispiel Spaniens folgen. Ein erster Schritt ist jedenfalls getan.