
Belgische Regierung einigt sich auf Rentenreform
Weitere Reformschritte sollen folgen
VS – 07/2022
Am 18. Juli hat sich die belgische Regierung auf eine Rentenreform geeinigt,
die zum 1. Januar 2024 in Kraft treten soll. Die Reform folgt dabei der Agenda der belgischen
Regierung, „Arbeit besser zu belohnen“. Wesentliche
Ziele sind die Erhöhung der Erwerbstätigkeit jenseits der Regelaltersgrenze,
die Stärkung des Zusammenhangs zwischen Erwerbstätigkeit und Rentenleistungen sowie
die Erhöhung der Rentenansprüche von Frauen.
Mindestrente nur nach Anwartschaftszeit von 20 Jahren
Umstritten waren in den Regierungskonsultationen die Kriterien für den
Bezug der Mindestrente. Die Einigung sieht vor, dass die Anwartschaftszeiten für den Bezug
einer Mindestrente zukünftig 20 Jahre betragen sollen. Dabei werden jedoch nur
vollzeitnahe Zeiten, also mindestens 4/5 der Vollzeitbeschäftigung, sowie
Eltern- und Pflegezeiten berücksichtigt. Auch wird die Mindestanwartschaftszeit
für Versicherte verringert, die mindestens fünf Jahre berufsunfähig waren.
Die
Anwartschaftszeiten für den Bezug einer Mindestrente wird dabei schrittweise
erhöht. Alle, die bei Inkrafttreten der Reform 61 Jahre oder älter sind,
benötigen keine Anwartschaftszeiten. Für die jüngeren Jahrgänge wird die
Anforderung schrittweise erhöht. Für die Versicherten, die zu diesem Zeitpunkt
53 Jahre oder jünger sind, gelten die vollen 20 Jahre.
Gültig bleibt die bisherige Regelung, dass für den Bezug der
vollständigen Mindestrente von heute 1.504 Euro eine nach belgischem Recht vollständige
Erwerbszeit von 45 Jahren benötigt wird. Hat jemand 30 Jahre gearbeitet,
reduziert sich der Anspruch entsprechend auf 2/3 Drittel dieses Betrags.
Rentenbonus bei aufgeschobenen Renteneintritt
Um das tatsächliche Renteneintrittsalter zu erhöhen, wird der von der Vorgängerregierung
abgeschaffte Rentenbonus wieder eingeführt. Versicherte, die über die
Regelaltersgrenze von derzeit 65 Jahren hinaus arbeiten oder trotz Erfüllung
der Voraussetzungen nicht mit 62 Jahren in den Vorruhestand gehen, sollen für
jeden zusätzlichen Arbeitstag einen zusätzlichen jährlichen Rentenanspruch in
Höhe von 2 bis 3 Euro erhalten. Dieser Bonus wird für maximal drei zusätzliche
Beitragsjahre gewährt.
Teilzeitbeschäftigung wegen Kinderbetreuung wird aufgewertet
Derzeit beträgt der Gender Pension Gap, also der Unterschied
in den eigenen Alterssicherungseinkommen von Frauen und Männern, in Belgien 33
Prozent. Um diese Unterschiede zwischen Männern und Frauen zu verringern,
sollen Versicherte, die aufgrund von Kinderbetreuung Teilzeit gearbeitet haben,
einen Rentenzuschlag erhalten.
Kommt noch mehr?
Die Regierungsparteien betonen, dass die Reformen im Bereich
Alterssicherung weitergehen sollen. Zu diesem Zweck wurden die Sozialpartner
aufgefordert, die Arbeit an einer Reihe weiterer Themen fortzusetzen, darunter zur
Vorruhestandsregelung, die Einführung der Teilrente und zur Ausweitung der
zweiten Säule. Laut der Ministerin für Pensionen und soziale Eingliederung, Karine
Lalieux (Parti Socialiste), ist das Ziel der Regierung, ein "soziales und
finanziell tragfähiges" Rentensystem zu schaffen.