Europäisches Parlament fordert gemeinsame europäische Maßnahmen

CC – 07/2022

Das Europäische Parlament hat am 5. Juli seine Entschließung zu Pflege und Betreuung verabschiedet. Eine große Mehrheit der Abgeordneten stimmte mit 436 Ja-Stimmen für den Pflege- und Betreuungsbericht „Hin zu gemeinsamen europäischen Maßnahmen im Bereich Pflege und Betreuung“. Es gab lediglich 143 Gegenstimmen und 54 Enthaltungen. In dem Bericht fordern die Abgeordneten gezielte und nachhaltige Investitionen für Pflege und Betreuung. Mit der von der Europäischen Kommission für den 7. September angekündigten Europäischen Strategie für Pflege und Betreuung müsse die Grundlage für eine längst überfällige Reform der Systeme der Mitgliedstaten für Pflege, Betreuung und soziale Sicherheit geschaffen werden, heißt es im Bericht.

Nachhaltige Investitionen gefordert

Die Zahl der Pflegebedürftigen in der EU wird voraussichtlich von 30,8 Millionen im Jahr 2019 auf 38,1 Millionen im Jahr 2050 ansteigen. Die zu erwartende zunehmende Nachfrage nach Pflegeleistungen, die Sicherstellung und Weiterentwicklung der Qualität in der Pflege, einschließlich der Potenziale durch die Digitalisierung, die Fachkräftesicherung u. a. durch angemessene Arbeitsbedingungen und Vergütung sowie die finanzielle Nachhaltigkeit sind zentrale Herausforderungen, die alle Mitgliedstaaten betreffen. Die Europäische Kommission soll die EU-Länder mit gezielten Investitionsprogrammen durch europäische Struktur- und Innovationsfonds dabei unterstützen, einen gleichberechtigten Zugang zu finanzierbaren, angemessenen hochwertigen Pflegedienstleistungen zu schaffen. Pflegekräfte und pflegende Angehörige sollen eine angemessene Bezahlung erhalten und unter Rahmenbedingungen arbeiten können, die mit ihrem privaten-, Berufsleben und ihren Karrierechancen vereinbar sind. Die Abgeordneten fordern in diesem Zusammenhang, dass die Erbringung von informeller – also unentgeltlicher – Pflege und Kinderbetreuung anerkannt und unterstützt werden soll. Sichergestellt werden müsse zudem, dass pflegende Fachkräfte aus der EU und Drittstaaten einen angemessenen transnationalen Sozialschutz erhalten und über ihre Rechte als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer besser informiert werden.

Geschlechterspezifische Ungleichheiten bekämpfen

Sowohl in dem Bericht und bei der Aussprache im Plenum wurde auf die besondere Rolle von Frauen hingewiesen. Gezielte Unterstützungsmaßnahmen werden hier besonders gefordert. In der Pflege und Betreuung zeigen sich besonders deutlich geschlechtsspezifische Beschäftigungs-, Lohn- und Rentengefälle zwischen Männern und Frauen. Frauen machen einen überwiegenden Anteil von Empfängern von Pflege und Betreuung sowie unterbezahlten und unbezahlten Pflege- und Betreuungskräften aus. Die Zahlen sind dabei eindeutig: 81 Prozent der zugelassenen Pflegekräfte in der EU sind Frauen. Bei der informellen, unbezahlten Pflege leisten Frauen in der EU wöchentlich 13 Stunden mehr unbezahlte Pflege- und Betreuungsarbeit als Männer. Damit sind rund 7,7 Millionen Frauen in der EU aufgrund ihrer informellen Pflege- und Betreuungsaufgaben vom potentiellen Arbeitsmarkt ausgeschlossen. Bei Männern sind dies nur etwa 450 000.

Europäische Strategie für Pflege und Betreuung folgt im September

Die Entschließung des Europäischen Parlaments verdeutlicht den Handlungsbedarf im Pflege- und Betreuungssektor. Die Europäische Kommission wird die Forderungen für ihre Europäische Strategie für Pflege und Betreuung am 7. September dieses Jahr vorlegen. Im Rahmen der Initiative werden zwei Empfehlungen des Rates zur Überarbeitung der Barcelona-Ziele zu frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung und zur Stärkung der Langzeitpflege vorgeschlagen. Die Deutsche Sozialversicherung hat sich zur geplanten Strategie bereits mit einem Feedback geäußert.