Affenpocken: gemeinsame Impfstoffbeschaffung
Herausforderungen beim koordinierten Vorgehen für die HERA
CC – 08/2022
Am 23. Juli hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den
Ausbruch der Affenpocken zu einem Gesundheitsnotstand von internationaler
Tragweite erklärt. Die Fallzahlen steigen seit dem Ausbruch der Viruserkrankung
stetig an. Über 25.000 Fälle weltweit wurden seit Jahresbeginn nachgewiesen;
davon 11.000 in Europa. Die Beschaffung und Verteilung von Impfstoffen spielen
bei der Bekämpfung eine entscheidende Rolle und ist eine Herausforderung. Für
die Europäische Union (EU) ist die Behörde für Krisenvorsorge und -reaktion (HERA)
zuständig.
Große Nachfrage von Impfstoff
Mit der Feststellung eines Gesundheitsnotstandes, weist die
WHO die Staatengemeinschaft an, Maßnahmen zum Schutz der Menschen vor einer
Infektion zu ergreifen. Dazu zählt auch, gezielte Impfkampagnen durchzuführen. Der
Imvanex-Impfstoff des dänischen Herstellers Bavarian Nordic ist stark gefragt –
er ist der bisher einzige Impfstoff gegen Affenpocken. Die Europäische
Arzneimittelagentur (EMA) hat inzwischen die Zulassung für den ursprünglich
gegen Pocken entwickelten Impfstoff erteilt. Gerüchte, dass es einen Mangel an
Impfstoffen gebe, werden vom Hersteller zurückgewiesen. Vorräte des
Affenpockenimpfstoffes seien vorhanden und die Nachfragen werden von
Herstellerseite erfüllt.
Doch die Beschaffung und die Lieferungen laufen in der
EU holprig. Während bereits eine erste Tranche von 30.000 Dosen an neun
EU-Mitgliedstaaten verschickt wurde, verzögert sich die Lieferung der
restlichen 70.000 Dosen. Die Europäische Kommission erwartet, dass ein Großteil
der ausstehenden Impfdosen bis Ende August geliefert wird. Ein genauer Zeitplan
ist nicht bekannt.
Langer Atem bei der EU-Beschaffung
Die Europäische Kommission hat über die HERA bisher rund
163.000 Impfstoffdosen beschafft. Weitere Bestellungen sind geplant, allerdings
ist der Prozess zeitaufwendig, da viele Vertragsbedingungen mit allen 27 EU-Mitgliedstaaten
abgestimmt werden müssen. Die Frage, wie viele Impfstoffe zu welchem Preis
gekauft werden, muss einvernehmlich geklärt werden. Von einem agilen und
schnellen Beschaffungsprozess kann keine Rede sein.
Erschwerend kommt hinzu,
dass Staaten neben der EU-weiten Beschaffung auch bilaterale Abkommen
vereinbaren. Frankreich hat bereits eigenständig 250.000 Dosen und Deutschland
200.000 gekauft. Auch Dänemark und Belgien haben bilaterale Abkommen mit dem
Hersteller vereinbart. Auf die Beschaffung der HERA wurde nicht gewartet, was die
ungleiche Impfstoffversorgung innerhalb der EU-Mitgliedstaaten verstärkt und
den Erfolg der Impfstoffbeschaffung der Behörde in Frage stellt.
Die Struktur und Arbeit, der noch recht neuen Behörde HERA wird
2024 das erste Mal von der Europäischen Kommission evaluiert. Die gemeinsame
Beschaffung wird nach den Erfahrungen durch COVID-19 und nun Affenpocken ein
wesentlicher – und notwendiger – Bestandteil der Überprüfung sein.