
Hitze in Europa: Auswirkung auf Gesundheit und Arbeitsschutz
Extreme Temperaturen schaffen politischen Handlungsdruck
UM – 08/2022
Temperaturen
von 40 Grad Celsius in Hamburg und London – was früher undenkbar war, gehört
nach den Hitzesommern der Jahre 2019, 2020 und auch in diesem Jahr fast schon
zur Normalität. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geben an, dass Hitzewellen
in Großbritannien durch den Klimawandel zehnmal wahrscheinlicher seien. Das Zentrum
für Medizin-Meteorologische Forschung des Deutschen Wetterdienstes in Freiburg bestätigt:
Hitzewellen werden häufiger und mit größerer Intensität auftreten.
Extrem-Temperaturen sind nicht gesund
Der Einfluss des Wetters auf die Gesundheit ist vielfältig:
Veränderte Pollenflugzeiten, hohe UV-Strahlung und Ozon-Werte, thermische
Belastungen. Hitzestress und Dehydrierung verschlimmern auch bestehende
Krankheiten wie Atemwegs- und Herz-Kreislauferkrankungen sowie Alzheimer. Vermehrt
melden nationale Statistische Ämter auch einen Anstieg der Zahl von
Todesfällen. Die Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass der Klimawandel zwischen den Jahren 2030 und 2050 etwa 250.000
zusätzliche Todesfälle pro Jahr verursachen wird.
Statistiken zur Hitzesterblichkeit sind die Ausnahme
In diesem Jahr war es in Europa in zwei Wochen im Juli besonders
heiß. Die um die COVID-19-Fälle bereinigte Übersterblichkeit, die viele
Statistische Ämter in Europa in diesem Zeitraum festgestellt haben, ist
besorgniserregend. In Portugal sind zwischen dem 7. und 18. Juli mehr als 1.000
Menschen an Hitze gestorben. Spanien meldete für den Zeit vom 11. bis 24. Juli
1.682 Todesfälle. Beide Länder führen offizielle Statistiken zu hitzebedingten
Todesfällen. In den meisten europäischen Ländern gibt es solche spezifischen
Erfassungen allerdings nicht.
Übersterblichkeit ist starkes Indiz
Insofern sind die Angaben zur Übersterblichkeit in der Regel
mit Unsicherheiten behaftet. In Deutschland ist die Zahl besonders hoch: Allein
in der Woche vom 18. Juli lag die bereinigte Übersterblichkeit bei mehr als
3.000 Todesfällen im Vergleich zum Durchschnitt der letzten fünf Jahre. Auch
wenn Hitze nicht als Faktor für den Tod eines Menschen erfasst wird; ein
Zusammenhang zwischen extrem hohen Temperaturen und dem Anstieg von Todesfällen
ist sehr wahrscheinlich. Dies belegt auch die aktuelle Studie
„Hitzebedingte Mortalität in Deutschland zwischen 1992 und 2021“.
Hitze erfordert Arbeitsplatzreformen
Die Gesundheitsbedrohungen durch den Klimawandel sind
greifbar geworden. Die Politik ist zum Handeln aufgefordert. Dies ist auch
wirtschaftlich geboten. Bereits im Jahr 2018 hatte die Internationale
Arbeitsorganisation vorgerechnet, dass bei einem globalen Temperaturanstieg
von 1,5 Grad bis Ende des Jahrhunderts bereits 2030 die Anzahl der durch
Hitzestress ausfallenden Arbeitsstunden um zwei Prozent steigen wird. Dies
entspricht einem Verlust von 72 Millionen Vollzeitstellen. Gewerkschaften
drängen auf Reformen am Arbeitsplatz wie zum Beispiel neue Höchsttemperaturen.
Es braucht aber auch eine auf die Ursachen des Klimawandels gerichtete
Regierungspolitik.