Single Market Emergency Instrument
Neues EU-Instrument soll Binnenmarkt vor Krisen schützen
MK – 09/2022
Rückblickend fällt es
schwer zu sagen, dass in der Pandemie alles gut gelaufen ist. Besonders spürbar
war die schwache Solidarität zwischen den EU-Staaten, die sich in
unkoordinierten Grenzübergangsschließungen oder Warenausfuhrverboten gezeigt
hat. Wiederholt wurden Lieferungen von Corona-Schutzausrüstung an nationalen
Grenzen angehalten. Auch das Beatmungsmedikament Propofol durfte die
italienischen Landesgrenzen nicht überschreiten, obwohl es dringend benötigt
wurde. Nun hat die Europäische Kommission im Zuge einer Überprüfung der
EU-Industriestrategie 2021 ein Gesetz für
ein Notfallinstrument vorgeschlagen. Das „Single Market Emergency Instrument” (SMEI) soll in jeglicher Art von Krise
zur Anwendung kommen; sei es eine erneute Pandemie, ein Krieg oder eine
Naturkatastrophe.
Phasen des SMEI
Das SMEI ist eine
Art „Frühwarnsystem“. Es soll insbesondere solchen Fehlern vorbeugen, die in
der Pandemie gemacht wurden. Es ergänzt weitere Legislativmaßnahmen der EU, wie
zum Beispiel das Katastrophenschutzverfahren. Dazu soll es drei Phasen geben:
Planung, Überwachung und Notfall.
- Die erste Phase beschäftigt sich mit der Planung der Europäischen Kommission und der
Mitgliedstaaten, ein Koordinierungs- und Kommunikationsnetz für eine verstärkte
Vorsorge einzurichten.
- In der
zweiten Phase sollen verstärkt die Lieferketten überwacht werden, um auf
eventuelle Störungen frühzeitig vorbereitet zu sein. Ebenfalls sollen Vorräte
strategisch wichtiger Waren aufgebaut werden.
- Die dritte Phase ist der Notfallmodus. Ein Beratungsgremium, bestehend aus
je einem Vertreter, bzw. einer Vertreterin eines Mitgliedstaates, soll die Europäische
Kommission bei der Einschätzung der Krise unterstützen.
Kommen Beratungsgruppe und die Europäische Kommission zum Ergebnis, dass eine
Krise droht, empfiehlt die Kommission dem Rat, die Notfallphase einzuleiten. Diese
kann ausschließlich mit der qualifizierten Mehrheit der EU-Staaten ausgerufen
werden. Die Freizügigkeit des Binnenmarkts soll dann mit Hilfe einer schwarzen
Liste verbotener Beschränkungen aufrechterhalten werden. Ebenfalls werden der Europäischen
Kommission zusätzliche Kompetenzen erteilt. Dies ermöglicht, dass sie
Unternehmen auffordern kann, bestimmte Aufträge zur Herstellung krisenrelevanter
Güter zu priorisieren. Weigert sich ein Unternehmen und hat es keine
schwerwiegenden Gründe, die Güter nicht vorranging zu zuliefern, wird es
sanktioniert. Der Notfallmodus ist auf sechs Monate begrenzt.
SMEI betrifft nicht alle Produkte
Die jeweilige Krisensituation
bestimmt, welche Produkte als krisenrelevant angesehen werden und auf die das
neue Notfallinstrument angewendet werden kann: Der Gesetzentwurf beschreibt sie
als Güter und Dienstleistungen, die nicht ersetzt werden können und für das
Funktionieren des Binnenmarktes in strategisch wichtigen Bereichen
unverzichtbar sind. Dies umfasst aber nicht alle Güter. Das neue Instrument soll nicht in Bereichen
gelten, für die es bereits fachbezogene Regelungen gibt – etwa für
Arzneimittel, Medizinprodukte und -geräte und Finanzdienstleistungen.