Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit
Die Revision des Koordinierungsrechts ist bisher nicht vorangekommen
UM – 12/2022
Ein
Jahr ist es her: Am 22. Dezember letzten Jahres scheiterte der Versuch, einen
Kompromiss zur Revision der Verordnungen zur Koordinierung der Systeme der
sozialen Sicherheit 883/2004 und 987/2009 zu schließen – ein zweites Mal. Seitdem
ist es nicht gelungen, den Verhandlungsprozess wieder aufzunehmen. Auch wenn
auf Arbeitsebene im Rat weitergearbeitet wird – politisch herrscht Funkstille. Weder
Frankreich noch die Republik Tschechien haben in ihren Ratspräsidentschaften das
Dossier zu einem Abschluss bringen können.
Die Probleme sind altbekannt: A1-Bescheinigungen
Die Probleme dürften also geblieben sein. Im ersten gescheiterten
Trilog 2019 wie im zweiten gescheiterten Trilog im Dezember 2021 ging es um den
Export von Leistungen bei Arbeitslosigkeit. Der Leistungszeitraum sei zu lang,
die Vorversicherungszeiten zu kurz, so die Mehrheitsmeinung im Rat. Strittig waren
auch die Regelungen für Grenzgänger. Vor allem aber ein Thema spaltete: Das
Verfahren um die A1-Bescheinigung, mit der die Sozialversicherung bei vorübergehender
Arbeit in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU)
dokumentiert werden muss. Das geltende Recht schreibt vor, das Formular vor
Antritt des Auslandsaufenthalts bei der zuständigen Stelle zu beantragen.
Gerungen wird um Ausnahmen bei Geschäftsreisen.
Wichtig ist Fingerspitzengefühl
Das Jahr 2022 geht zu Ende. Im neuen Jahr werden gute Ideen
benötigt. Schweden, das ab Januar nächsten Jahres die Ratspräsidentschaft
übernimmt, wird es schwer haben, die festgefahrenen Positionen zwischen Rat und
Parlament zu lockern. Hier ist vor allem politisches Geschick vonnöten.
Ein
erfolgreicher Abschluss des Dossiers ist aus Sicht der DSV wichtig. Dabei geht
es nicht nur darum, für die strittigen Punkte tragfähige Kompromisse zu finden.
Es geht auch darum, dass die auf dem Verhandlungsweg gefundenen guten
Ergebnisse endlich rechtskräftig werden und umgesetzt werden können.
Verhandlungserfolge sichern: Pflegeleistungen
So wurde sich zum einen darauf geeinigt, dass geklärt wird, was Pflegesach-
und was Pflegegeldleistungen sind. Hierzu gibt es in den Mitgliedstaaten ein unterschiedliches
Verständnis, was Missverständnisse schafft und eine reibungslose
Leistungsgewährung und -abwicklung erschwert. Sichergestellt worden ist auch, dass
Pflegeleistungen wie Krankenversicherungsleistungen koordiniert und keine gesonderten
Zuständigkeiten und Verwaltungswege aufgemacht werden. Denn das hätte
weitreichende praktische Konsequenzen, würde die bürokratischen Aufwände
deutlich erhöhen und die Versicherten im Zweifel schlechter stellen.
Zum anderen hatte man sich auch schon darauf verständigt, bei
Leistungen im Rahmen der Familienmitversicherung Konflikte auszuräumen. Die
können zwischen Krankenversicherungsträgern entstehen, wenn beispielsweise die
Eltern eines Kindes jeweils in einem anderen Mitgliedstaat leben und für ein gemeinsames
Kind Behandlungskosten zu übernehmen sind. Der Abschluss der Revision der
Koordinierungsverordnungen würde hier die notwendige Klarheit und
Rechtssicherheit schaffen.