Europäische Kommission will risikobedingte Übergangsfristen verlängern

CC – 12/2022

Am 26. Mai 2023 hätten Medizinprodukte gemäß der neuen Medizinprodukteverordnung (MDR) neu zertifiziert werden müssen. Doch nach der seit Monaten anhaltenden Debatte über drohende Engpässe, sollen die Übergangsfristen nun verlängert werden. Das kündigte die EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides in der Sitzung des Rates für Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz (EPSCO) am 9. Dezember an.

Verlängerung der Übergangsfristen um 3 bzw. 4 Jahre – je nach Risikogruppe

In ihrer Information kündigte die Europäische Kommission legislative und nicht-legislative Maßnahmen an, um auf drohende Engpässe zu reagieren. Die legislativen Vorschläge sollen im Januar 2023 vorgelegt werden. Unter anderem beabsichtigt die Europäische Kommission, die Übergangsfristen zu verlängern. Die Verlängerung soll gestaffelt sein, wobei die Produkte mit einem höheren Risiko bis 2027 und Produkte mit einem geringeren Risiko bis 2028 konform sein müssten. Dafür müssen allerdings strenge Bedingungen erfüllt werden, z. B. dass das Produkt nicht wesentlich verändert wurde und die Hersteller bereits die erforderlichen Schritte unternommen haben, um das Zertifizierungsverfahren gemäß der MDR einzuleiten. Außerdem soll die Gültigkeit von Produkten, bei denen laut Europäischer Kommission keine Gefährdung ausgeht, verlängert werden können. Zudem sollen die Abverkaufsfristen entfallen.

Schnelles Handeln gefordert

In der Aussprache begrüßen die Mitgliedstaaten die Vorschläge und fordern eine schnelle Umsetzung. Deutschland, Frankreich und Irland haben – als große Industriestandorte – hier federführend den Druck auf die Europäische Kommission hochgehalten und schnelle Maßnahmen gefordert. Konkrete Umsetzungsvorschläge zur risikobasierten Fristverlängerung unterbreitete die Koordinierungsgruppe für Medizinprodukte (MDCG) der Europäischen Kommission. In Ihrem Positionspapier werden Überbrückungsmaßnahmen für ablaufende Zertifikate vorgeschlagen.

Noch immer fehlt es an Transparenz

Für die Deutsche Sozialversicherung gilt, dass die MDR ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Patientensicherheit und der Qualität von Behandlungen mit Medizinprodukten ist. Diese Prämisse muss bei den angekündigten Maßnahmen unbedingt bestehen bleiben. Die befristete Verlängerung der Übergangsfristen muss unter strengen Bedingungen erfolgen, die die Produktsicherheit nicht gefährden. Unternehmen müssen trotz der angekündigten Verlängerung ihren Verpflichtungen nachkommen. Was trotz all der politischen Diskussionen noch immer fehlt, ist Transparenz. Es ist mehr Klarheit bei den Produktarten erforderlich, bei denen ein ernsthaftes Risiko besteht, dass sie vom Markt genommen werden. Mehr Transparenz muss es auch bei den genauen Gründen für die Rücknahmen geben.

Hintergrund MDR

Die MDR wurde 2017 als Reaktion auf den Skandal um Brustimplantate in Deutschland und Frankreich auf Vorschlag der Europäischen Kommission erlassen und ersetzt die bis dahin geltende Medizinprodukterichtlinie. Die neue Verordnung stellt grundlegende Änderungen im Zulassungsprozess von Medizinprodukten dar.