
Herausforderungen der hohen Inflation für die Rentensysteme
OECD-Studie erschienen
VS – 01/2023
Vor dem Hintergrund der hohen Inflation und insbesondere des
Anstiegs der Energiepreise hat die OECD eine Studie zu den daraus resultierenden Herausforderungen für die Rentensysteme
publiziert. Darin betont die OECD, dass insbesondere die einkommensschwächsten
Haushalte von der Inflation betroffen sind und zumindest die am stärksten
gefährdeten Rentnerinnen und Rentner umfassend geschützt werden sollten. Erforderlich
seien hierfür unmittelbare Hilfen und Sofortmaßnahmen, zu denen auch das
Vorziehen der planmäßigen Aktualisierung der Leistungen gehören kann.
Die Auswirkung der Inflation
Im vergangenen Jahr sind die Preise im gesamten OECD-Raum
rasch gestiegen und haben in mehreren Ländern ein Niveau erreicht, das seit
mindestens 40 Jahren nicht mehr beobachtet wurde. Von der hohen Inflation sind
auch Rentnerinnen und Rentner – insbesondere im unteren Einkommensbereich – betroffen.
Um Rentnerinnen und Rentner vor den Auswirkungen der
Inflation zu schützen, ist die Rentenanpassung von großer Bedeutung. Als
Rentenanpassung wird die regelmäßige, meist jährliche Veränderung der Höhe der
Renten bezeichnet. Die Regeln für die Rentenanpassung legen fest, wie der
Lebensstandard im Ruhestand gesichert wird und in welchem Umfang Rentnerinnen
und Rentner an den Wohlstandsgewinnen einer Gesellschaft teilhaben.
Rentenanpassung in Zeiten hoher Inflation
Die Rentenanpassung folgt meist der Preis- oder Lohnentwicklung
oder einer Mischung aus beidem. Unter normalen Umständen steigen die Löhne
aufgrund von Produktivitätsgewinnen schneller als die Preise. So schützt die Anpassung
entsprechend der Preisentwicklung vor Kaufkraftverlusten durch Inflation.
Rentnerinnen und Rentner profitieren jedoch nicht von den Wohlstandsgewinnen
einer Gesellschaft. Daher sind viele Länder von der Lohn- zur Preisindexierung
übergegangen, um den Anstieg der Rentenausgaben zu begrenzen. So passen gegenwärtig
zwei Drittel der OECD-Länder ihre Grundrenten an Preissteigerungen an. Bei den
einkommensabhängigen gesetzlichen Renten sind dies etwa die Hälfte.
Die anhaltend hohe Inflation führt nun zu einer Umkehrung
der üblichen Denkweise bei der Rentenindexierung. In der gegenwärtigen Krise bietet
die Preisindexierung aufgrund sinkender Reallöhne einen besseren Schutz für die
Rentner als die Lohnindexierung. Dagegen führt sie zu einem deutlichen Anstieg
der Belastungen für die Rentenversicherungsträger beziehungsweise für die
öffentlichen Finanzen.
Sozialer Schutz und öffentliche Finanzen
In ihrer Studie hinterfragt die OECD inwieweit es
finanzierbar ist, alle Rentnerinnen und Rentner vor einer hohen Inflation zu
schützen. Je nach finanzpolitischem Spielraum und nationalen Präferenzen benennt
die OECD Alternativen zu einer vollständigen Preisanpassung aller Renten. Dies
könnten Kombinationen aus Pauschalzahlung, vollständiger oder teilweiser Anpassung
bis zu einem bestimmten Schwellenwert sein. Die Folgen der Inflation würden
somit für die Bezieher höherer Renten nicht vollständig aufgefangen. Somit
könnte der Lebensstandard von Bezieherinnen und Beziehern niedriger Renten
gewahrt werden, ohne die finanzielle Tragfähigkeit der Rentensysteme zu
gefährden.
Nach Jahren hoher Preisstabilität in den OECD-Ländern ist
unklar, ob es sich bei dem sprunghaften Anstieg der Inflation im Jahr 2022 um
ein singuläres Ereignis handelt oder ob es aufgrund der Anpassungen an den
Klimawandel und den daraus resultierenden Brüchen in Zukunft verstärkt zu stark
schwankenden Inflationsraten kommen wird. Vor diesem Hintergrund sollten aus
Sicht der OECD auch die Regeln für die Rentenanpassung neu bewertet werden.