Kommission veröffentlicht Bericht zur Umsetzung der Empfehlung des Rates zum Zugang zum Sozialschutz

VS – 02/2023

Die Europäische Kommission hat am 31. Januar den ersten Bericht über die Umsetzung der Empfehlung über den Zugang zum Sozialschutz veröffentlicht. Drei Jahre nach Annahme der Empfehlung durch den Rat wird in diesem ein gemischtes Bild über die erzielten Fortschritte bei der Umsetzung gezeichnet. Einerseits geht aus dem Bericht hervor, dass eine Reihe von Mitgliedstaaten Reformen zur Verbesserung der Situation durchgeführt hat oder deren Umsetzung plant. Andererseits wird in dem Bericht konstatiert, dass die meisten Mitgliedstaaten nicht bestrebt seien, alle bestehenden Lücken beim Zugang zum Sozialschutz zu schließen.

Grundsatz 12 der europäischen Säule sozialer Rechte

Im Grundsatz 12 der Europäischen Säule sozialer Rechte (ESSR) wird betont, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und – unter vergleichbaren Bedingungen – Selbstständige unabhängig von Art und Dauer ihres Beschäftigungsverhältnisses Anspruch auf angemessenen Sozialschutz haben. Der Rat hat dies in seiner Empfehlung von 2019 aufgenommen. Darin werden für die Analyse des Zugangs zum Sozialschutz vier Dimensionen unterschieden: formelle Absicherung, tatsächliche Absicherung, Angemessenheit und Transparenz.

Monitoring

Teil der Empfehlung des Rats ist, dass die Fortschritte bei der Verwirklichung des Zugangs zum Sozialschutz stetig überwacht werden und die Europäische Kommission dem Rat regelmäßig über die Umsetzung der Empfehlung berichten soll. In der Folge hat der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EESC ) im Oktober 2020 einen Monitoringrahmen vereinbart. Neben dem Monitoringrahmen werden im ersten Umsetzungsbericht die jüngsten von den Mitgliedstaaten ergriffenen oder angekündigten Maßnahmen und Reformen bewertet, die in den nationalen Umsetzungsplänen, den Berichtspflichten im Rahmen des Europäischen Semesters sowie in den Aufbau- und Resilienzplänen aufgeführt werden. Auch die Ergebnisse der Studie des Europäischen Netzwerks für Sozialpolitik (ESPN) zur sozialen Absicherung von jungen Menschen (siehe auch News 05/2022) sind in den Bericht eingeflossen.

Selbstständige und atypische abhängig Beschäftigte unzureichend abgesichert

Der Bericht zeigt, dass sich die Systeme der sozialen Sicherheit noch zu sehr auf die traditionellen Systeme stützen, die für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit unbefristeten Vollzeitverträgen konzipiert sind. Atypisch Beschäftigte, insbesondere in neuen Erwerbsformen wie beispielsweise der Plattformbeschäftigung, werden meist nur unzureichend abgesichert.

Fortschritte bescheinigt der Bericht jedoch bei der Transparenz der Leistungen. Die meisten Mitgliedstaaten arbeiten daran, die Komplexität von Antragsverfahren und Sozialschutzvorschriften zu verringern und allen Versicherten die Inanspruchnahme von Sozialschutzleistungen zu erleichtern.

Initiativen im Rahmen der COVID-19-Pandemie

Im Bericht wird betont, dass die Mitgliedstaaten während der COVID-19-Pandemie mit vielfältigen, meist zeitlich befristeten Maßnahmen den Sozialschutz auf zuvor nicht abgesicherte Gruppen ausgeweitet haben. Die erfolgreiche Umsetzung politischer Maßnahmen zeigt jedoch auch, dass sich die Mitgliedstaaten der Lücken in ihren Sozialschutzsystemen bewusst sind. Diese Krisenpolitik könne, so die Europäische Kommission, aber auch ein Vorbild für strukturelle Reformen sein, um den Schutz von Arbeitslosen, atypisch Beschäftigten und Selbstständigen zu verbessern.

Zugang zum Sozialschutz soll Schwerpunkt der belgischen Ratspräsidentschaft werden

Belgiens Sozial- und Gesundheitsminister Frank Vandenbrouke hat am 7. Februar in einem Artikel in Social Europe ankündigt, dass der Grundsatz 12 der ESSR „Zugang zum Sozialschutz“ ein Schwerpunkt der belgischen Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2024 werden soll. Kritisch sieht er, dass für die Sicherung des Zugangs zum Sozialschutz als politisches Instrument auf europäischer Ebene eine Ratsempfehlung gewählt wurde. Eine Richtline wäre aus seiner Sicht deutlich wirkungsvoller, da Ratempfehlungen nicht bindend seien.