Reformen im Europäischen Parlament
Nach Korruptionsermittlungen werden erste Konsequenzen gezogen
IF – 04/2023
Das Europäische Parlament kämpft immer noch mit dem
einschneidendsten Skandal seiner Geschichte. Es werden mehrere Abgeordnete,
ehemalige Abgeordnete und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Abgeordneten
wegen Bestechlichkeit verdächtigt. Sie allesamt sollen Geld aus den Ländern
Katar und Marokko erhalten haben. Die Ermittlungen laufen.
Rasches Signal als Außenwirkung
Um die bereits bestehenden Unsicherheiten von Bürgerinnen
und Bürgern zu dämpfen, konnten sich die Präsidentin des Europäischen
Parlaments Roberta Metsola (EVP/ML) und die Vorsitzenden der Parlamentsfraktionen
auf zwölf Sofortmaßnahmen verständigen. Diese werden nun innerhalb des Parlaments in den Fraktionen diskutiert
und umgesetzt. Die Fraktionen werden voraussichtlich dem Maßnahmenpaket zustimmen,
würde dies ansonsten negativ auf sie selbst zurückfallen.
12 Punkte Maßnahmen Paket
In einem 12
Punkte Maßnahmen Paket möchte das Europäische Parlament die
Flucht nach vorne antreten. So soll für ehemalige Abgeordnete gelten, dass sie
nicht unmittelbar nach Ausscheiden aus der politischen Funktion Lobbytätigkeiten
im Umfeld des Europäischen Parlaments ausführen sollten. Für aktuell gewählte
Europaabgeordnete sollen mehr Information online zugänglich werden und der
Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.
Es sollen diverse Informationen
über die Tätigkeit der Abgeordneten sowie die Treffen mit Interessensvertreter
strikter nachvollziehbar sein. Besonders soll auf die Eintragung im Europäischen
Transparenzregister bei Gesprächsterminen und Veranstaltungen
innerhalb des Europäischen Parlaments geachtet werden. Die Europavertretung ist
im EU-Transparenzregister ebenfalls registriert.
Umgang mit Ländern außerhalb der EU
Besonderer Wert wird auf die strikte Einhaltung der
transparenten Kommunikation gelegt, wenn es um persönliche Treffen von
Lobbyisten oder politischen Vertreterinnen und Vertreter aus Drittländern bzw.
mit Ländern ohne vertragliche Abkommen mit der Europäischen Union kommt. Falls
sich Europaabgeordnete und/oder deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Vertreterinnen
und Vertretern aus Drittländern oder Lobbyisten, die nicht in den
Anwendungsbereich des Transparenzregisters fallen, muss dies publiziert werden.
Freundschaftsgruppen mit Drittländern, die es im
Europäischen Parlament gab, wie die Gruppe über die Beziehungen zu Katar,
werden alle verboten. Im Rahmen dessen hatte sich die ehemalige Vizepräsidentin
Eva Kaili (S&D/ML) über die besonders guten Arbeitsbedingungen auf
katarischen Baustellen geäußert. Sie bezeichnete das arabische Land als Vorreiter
in Sachen Arbeitsrechte. Dies entspricht aber genau dem Gegenteil. Viele
Menschen werden arbeitsmäßig ausgebeutet.
Vorbereitung zur Europawahl 2024
Das EU-Parlament hat vorausschauend weitere Reformen angekündigt,
damit der Europawahlkampf 2024 nicht von einem negativen Thema wie der
Bestechlichkeit von Europaabgeordneten überschattet wird. Derzeit sind die
Fraktionen aber noch mit sich selbst beschäftigt. Themen für den
Europawahlkampf konnten noch nicht definiert werden.