Harmonisierte Schutzvorschriften sollen das EU-Patentsystem ergänzen.

UM – 05/2023

Am 1. Juni tritt das einheitliche Patentsystem der Europäischen Union (EU) in Kraft. Dieses schafft eine zentrale Anlaufstelle für die Eintragung von Patenten in Europa.  Möglich geworden ist dies dadurch, dass Deutschland die Urkunde zur Ratifizierung des Übereinkommens über ein einheitliches Patentgericht hinterlegt hat. Damit kann das Patentsystem vollständig angewendet werden. Seit dem 19. Januar 2022 wird es vorläufig in 17 Mitgliedstaaten angewendet.

Einen weiteren Schritt hat die Europäische Kommission getan, indem sie am 17. April ein Gesetzespaket für einen besseren Schutz des geistigen Eigentums vorgelegt hat. Es zielt darauf ab, das fragmentierte Patentsystem stärker zu vereinheitlichen, effizienter zu gestalten und Innovationen besser zu schützen. Das Paket besteht aus drei Verordnungsvorschlägen.

Mehr Transparenz bei standardessenziellen Patenten

Mit dem Vorschlag für standardessenzielle Patente (SEPs) sollen Technologien besser geschützt werden, die für bestimmte Branchen unverzichtbar sind. Bekannte Beispiele sind hier Technologien wie WLAN, Bluetooth oder zur Übertragbarkeit von Videodaten. Ohne sie könnten sich einschlägige Unternehmen nicht am Markt halten. Der EU-Vorschlag will Sorge dafür tragen, dass sowohl EU-Inhaber von SEPs als auch Anwender in der EU innovativ sind, im Binnenmarkt wie global wettbewerbsfähig sind und für die Verbraucher die neuesten standardisierten Technologien zu fairen Preisen verfügbar machen. Zur Schaffung von mehr Transparenz und zur Unterstützung der Unternehmen sollen u. a. ein Register für diese Patente und ein Kompetenzzentrum beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eingerichtet werden. Ein Schlichtungsverfahren soll kostspielige Rechtsstreitigkeiten ersetzen.

Harmonisierung von Zwangslizenzen

Mit dem Vorschlag zu Zwangslizensierungen soll das bestehende Nebeneinander von 27 nationalen Zwangslizenzierungssystemen abgelöst und ein Instrument eingeführt werden, das die EU-weite Nutzung wichtiger patentierter Produkte und Technologien im Falle einer Krise sicherstellt. Dies gilt für den Fall, dass eine freiwillige Vereinbarung zur entgeltlichen Nutzung des Patents nicht zustande kommt. Zuletzt ist im Zusammenhang mit dem zähen Ringen auf der Ebene der Welthandelsorganisation um den – allerdings entgeltfreien -  „Patent Waiver“ für Corona-Impfstoffe und Therapeutika nochmal deutlich geworden, wie unterschiedlich auch die Sicht auf die Zwangslizenzen ist, die von der EU als Verhandlungsalternative in die Diskussion gebracht wurden. Für den eigenen Bereich macht die Europäische Kommission mit ihrem Verordnungsvorschlag nun einen Schritt nach vorn.

Schutzzertifikate: Eine Anmeldung, eine Prüfung

Mit dem dritten Vorschlag im Gesetzespaket soll ein einheitliches ergänzendes Schutzzertifikat (SPC) auf der EU-Ebene eingeführt werden. Zudem soll ein zentralisiertes Prüfverfahren etabliert und vom europäischen Amt für geistiges Eigentum (EUIPO) in Zusammenarbeit mit seinen nationalen Pendants umgesetzt  werden. Die – bislang ausschließlich national vergebenen - SPCs ermöglichen, dass die Laufzeit eines Patents für Human- oder Tierarzneimittel sowie für Pflanzenschutzmittel bis zu fünf Jahre verlängert werden kann. Um einen besonderen Anreiz für die Entwicklung von Kinderarzneimitteln zu geben, kann das SPC in diesen Fällen um weitere 6 Monate verlängert werden. Kompensiert werden soll mit den SPCs die zuweilen lange Dauer des Prozesses der Marktzulassung dieser Produkte. Mit ihrem Vorschlag hebt die Europäische Kommission den Prozess zur Beantragung eines SPCs auf die europäische Ebene und wirkt so der unterschiedlichen Handhabung durch die Mitgliedstaaten entgegen. Ihr Vorschlag verändert jedoch nicht die Länge der  zusätzlichen Schutzzeiten, die durch ein SPC erworben werden. Dies entspricht auch der Position der DSV, die im Rahmen der Folgenabschätzung zu SPCs im Frühjahr des letzten Jahres gegenüber der Europäischen Kommission vorgebracht worden ist.