Viel Koordinierungsaufwand für europäischen Nutzenbewertung (EU-HTA) notwendig

CC – 07/2023

Mit der gemeinsamen Nutzenbewertung von Gesundheitstechnologien (EU-HTA) hat die Europäische Kommission im Jahr 2021 mit der Verordnung 2021/2282 eine sinnvolle Neuordnung bei der wissenschaftlichen Bewertung von Gesundheitstechnologien (HTA) vorgenommen. Die EU-HTA harmonisiert die Nutzenbewertungen von Gesundheitstechnologien, unter anderem für Arzneimittel und Medizinprodukte. Durch die verstärkte europäische Koordination wird die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten verbindlicher.

Was ist die EU-HTA?

Mithilfe von HTA kann der Mehrwert neuer Gesundheitstechnologien im Vergleich zur aktuellen Standardtherapie bewertet werden. Bisher fanden HTA-Verfahren allein auf nationaler Ebene statt, was dazu führte, dass Entwickler von Gesundheitstechnologien ihre Unterlagen mehrfach und zum Teil unterschiedlich aufbereitet für die Bewertungsverfahren in den einzelnen Mitgliedstaaten vorlegen mussten. Das EU-HTA Verfahren soll unter anderem diesen Verwaltungsaufwand für die Entwickler verringern und die Qualität der Bewertungen nach den internationalen Standards der evidenzbasierten Medizin steigern. Die gemeinsame Bewertung wird den nationalen HTA-Organisationen wissenschaftliche Informationen bereitstellen, die sie für ihre Entscheidungen über die Preisgestaltung und Erstattung einer Gesundheitstechnologie nutzen können. Wichtig ist, dass die nationalen HTA-Organisationen selbst entscheiden können, in welchem Umfang sie die europäischen Bewertungsergebnisse nutzen und übernehmen.

Wann startet die EU-HTA?

Ab 2025 soll die EU-HTA schrittweise starten. Im Januar 2025 sollen neue Krebsmedikamente und Arzneimittel für neuartige Therapien (ATMP) bewertet werden. Ab dem Jahr 2028 werden neue Arzneimittel für seltene Leiden hinzukommen, bis dann ab 2030 alle neuen Arzneimittel gemeinsam bewertet werden. Wann die Verfahren für Medizinprodukte beginnen, steht noch nicht fest.


Seit dem Inkrafttreten der Verordnung am 12. Januar 2022 und bis es tatsächlich im Jahr 2025 zu den ersten europäischen Bewertungen in sogenannten Joint Clinical Assesments kommt, ist noch viel Koordinierungsaufwand notwendig. Ein Rolling Plan gibt einen Überblick über die wichtigsten Aktivitäten, die die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten vorbereitend für die Umsetzung planen.

Welche Akteure sind involviert?

Eine zentrale Rolle bei der Umsetzung nimmt die Koordinierungsgruppe der Mitgliedstaaten („Member State Coordination Group – HTACG“) ein. Diese steht im engen Austausch mit der Europäischen Kommission, die sie administrativ unterstützt. In vier Untergruppen wird zum Beispiel derzeit eine gemeinsame Methodik entwickelt, damit die europäischen Bewertungsergebnisse von den nationalen HTA-Organisationen sinnvoll verwendet werden können. Für Deutschland sind der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) und das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in der Koordinierungsgruppe vertreten. Hierbei kann auf Vorarbeiten des Konsortiums EUnetHTA 21, an dem 13 Mitgliedstaaten beteiligt sind, zurückgegriffen werden

Wer gestaltet den Übergangszeitraum?

Im Übergangszeitraum bis 2025 kommt dem deutschen G-BA eine wichtige Rolle zu. Ab September wird er Entwickler von Gesundheitstechnologien über die Verfahren der Zulassungsstudien beraten. Der G-BA fungiert dabei als zentrale Kontaktstelle und koordiniert die Anfragen auf parallele wissenschaftliche Beratungen („Parallel EMA/HTA body (HTAb) Scientific Advice“). Diese sollen einen frühen Austausch zwischen dem Antragsteller, den HTA-Organisationen und der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) ermöglichen, um die Integration der unterschiedlichen Anforderungen in mehreren europäischen Mitgliedstaaten (zum Beispiel Auswahl von Vergleichsstellen, relevante Ergebnisse, Lebensqualität, Patientengruppen) im Studiendesign und im Plan zur wirtschaftlichen Evidenzgenerierung sicherzustellen.


Bis es zur Umsetzung der EU-HTA im Januar 2025 kommt, ist daher noch viel Koordinationsaufwand notwendig.