Geistige Gesundheit und prekäre Beschäftigung
Rat befasst sich mit geistiger Gesundheit bei schlecht bezahlter Arbeit.
UM – 07/2023
Erhöhtes Armutsrisiko
Sie sind schlecht bezahlt, es fehlt sozialer Schutz, sie
bieten keine Zukunftsperspektive. Prekäre Arbeitsverhältnisse werden selten
freiwillig gewählt. Leben kann man von ihnen nicht. Doch eine Wahl hat nicht
jeder. Das Vorherrschen prekärer Arbeitsverhältnisse hängt unter anderem ab von
Geschlecht, Alter, Migrationsstatus, sozialer Klasse oder Behinderung. Sie finden
sich häufig auch in von der Digitalisierung geprägten Arbeitsstrukturen, wie
zum Beispiel in der Plattformarbeit.
Mehr Männer depressiv?
Seit langem ist bekannt: Prekäre Arbeit macht krank. Nach einer
repräsentativen
Befragung des Robert-Koch-Instituts „Gesundheit in Deutschland aktuell“ aus dem
Jahr 2012 geben prekär beschäftigte Frauen 35 Prozent mehr Tage mit
körperlichen Beschwerden an, als Frauen mit sicherem Job. Bei Männern liegt der
Wert bei 49 Prozent. Noch größer ist die Differenz bei emotionalen Beschwerden. Längsschnittstudien, unter
anderem aus Korea, deuten darauf hin, dass das Risiko für die Entwicklung einer
depressiven Symptomatik bei prekärer Beschäftigung bei Männern höher ist als
bei Frauen. Die genauen Gründe sind noch unbekannt.
Spanische Ratspräsidentschaft engagiert sich
Der Rat der Europäischen Union möchte den Mitgliedstaaten nun Schlussfolgerungen vorschlagen und dabei die psychischen Risiken prekärer Beschäftigung in den
Fokus rücken. Kurz vor der Übergabe des Staffelstabs von der schwedischen an die spanische Ratspräsidentschaft wird ein Entwurf zur Diskussion gestellt, um dem Thema Nachdruck zu verleihen. Bezug genommen
wird darin auch auf die am 7. Juni veröffentlichte Mitteilung
der Europäischen Kommission über eine umfassende Herangehensweise im Bereich
der psychischen Gesundheit als auch auf die Stellungnahme
des Europäischen Wirtschaftsausschusses (EWSA) vom 27. April zum Thema „Prekäre Arbeit und psychische Gesundheit“. Die künftige spanische Ratspräsidentschaft lässt zudem derzeit eine Sondierungsstellungnahme durch den EWSA erarbeiten, um geeignete Maßnahmen zur Verbesserung des
psychischen Gesundheit auszuloten.
Psychische Gesundheit und Arbeitszeit
Im Entwurf fällt besonders die Bezugnahme auf die Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeit ins
Auge. Mit der Einbeziehung von Aspekten der
psychischen Gesundheit bei der Überwachung und Umsetzung dieser Richtlinie
soll Fragen der Arbeitszeitgestaltung offenbar Aufmerksamkeit und Nachdruck
verliehen werden.
So geht es weiter
Der Entwurf der Schlussfolgerungen wurde am 3. Juli
vorgelegt. Bis zum 20. Juli können Änderungsvorschläge eingereicht werden. In
zwei Sitzungen der Ratsarbeitsgruppe Sozialfragen soll dann eine Einigung
erzielt werden. Das wird wegen der Sommerpause frühestens im September der Fall
sein.