Wirtschaftliche und soziale Lage in der EU
Akuter Fachkräftemangel hält an
IF – 08/2023
Die Lage auf
den Arbeitsmärkten der Europäischen Union ist trotz einiger Krisen, wie der
Krieg in der Ukraine und der aktuellen hohen Inflation, widerstands- und
anpassungsfähig. Die Beschäftigungsquote liegt mit fast 75 Prozent auf einem
Rekordhoch und die Arbeitslosenquote ist aktuell mit sechs Prozent sehr
niedrig. Diese Ergebnisse zeigt der jährliche Bericht der Europäischen Kommission zur
Beschäftigung und zur sozialen Lage in Europa (ESDE). Der Bericht bietet eine aktuelle
wirtschaftliche Analyse der Beschäftigungs- und Sozialtrends in Europa und wirft
einen Blick auf mögliche politische Verbesserungsoptionen.
Beschäftigt, aber qualifiziert?
Trotz der
aktuellen Zahlen sieht es in der Realität anders aus. Wirtschaft und Industrie beklagen weiterhin einen akuten
Fachkräftemangel, den es zu beseitigen gibt. Kompetente und qualifizierte Arbeitskräfte
zu finden ist das Hauptproblem. Stark betroffen sind das Baugewerbe, das Gesundheitswesen
und insbesondere Berufe im Bereich der Informations- und
Kommunikationstechnologien (IKT). Der Mangel könnte sich aufgrund des demografischen
Wandels, der niedrigen Geburtenraten und dem Rückgang der Bevölkerung im
erwerbsfähigen Alter noch weiter erhöhen. Demzufolge ist das Jahr 2023 von der Europäischen
Kommission „zum Jahr der Kompetenzen“ ausgerufen worden. Die DSV hatte darüber
berichtet News 01/2023. Im Oktober letzten Jahres wurden
Maßnahmen angekündigt, die dem Fachkräftemangel in ganz Europa entgegenwirken
sollen. Mehr denn je sollen Investitionen in Programme für Erwachsenenbildung
und berufliche Aus- und Weiterbildung langfristig Abhilfe schaffen.
Empfehlungen des ESDE-Berichts
Der Bericht
fokussiert auf verschiedene beschäftigungspolitische und soziale Themen
wie die Langzeitarbeitslosigkeit, Mobilität und Migration, Menschen und deren Qualifikationen
sowie die Modernisierung der Sozialschutzsysteme. Wichtig ist der Europäischen
Kommission, dass die Förderung der aktiven Eingliederung in den Arbeitsmarkt
gestärkt werden soll, um die Erwerbsbeteiligung arbeitsfähiger Personen zu
verbessern. Nicolas Schmit, EU-Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte,
sieht den Bericht als Orientierungshilfe, um den Mitgliedstaaten konkrete Anhaltspunkte
für politische Maßnahmen zur Unterstützung einer wirtschaftlichen
Aufwärtskonvergenz zu ermöglichen. Ein wesentlicher Schritt ist die allgemeine
und berufliche Bildung und eine individuelle Unterstützung zu einer inklusiven
Teilhabe am Arbeitsleben.
Soziale Lage unterschiedlich ausgeprägt
Europaweit sind
die Unterschiede in der Schulbildung, den Rentensystemen oder dem Zugang zu
sozialen Dienstleistungen nach wie vor groß. Besonders Personen mit niedrigem
Bildungsniveau, jüngere Menschen und Menschen mit Migrationsgrund sind laut dem
Bericht stärker benachteiligt als andere Personengruppen. Die europäische Wirtschaft
und die Bürgerinnen und Bürger sollten auf eine Zukunft mit immer schnellerem
Strukturwandel besser vorbereitet werden. Bessere Ausbildungs- und Umschulungsmöglichkeiten
sollten, unabhängig von Status und Einkommen, leichter zugänglich und verfügbar
gemacht werden. Die EU und die Mitgliedstaaten sollten die Chancen, die ein
Übergang zu einer grüneren, digitalisierten Wirtschaft immer stärker ermöglicht,
besser nutzen.
Ein nachhaltiger
wirtschafts- und arbeitsmarktpolitscher Aufschwung ist ein zentrales Ziel der
Europäischen Kommission, um auch eine soziale Widerstandsfähigkeit in der EU zu
erreichen. Der ESDE-Bericht wird auch weiterhin in seinen jährlich erscheinenden
Veröffentlichungen auf Defizite und Verbesserungen in den Mitgliedstaaten
hinweisen. Die Umsetzung der Empfehlungen obliegt aber den Mitgliedstaaten.