Die Weichen für einen besseren Schutz vor Schadstoffen sind gestellt.

UM – 09/2023

Der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten im Europäischen Parlament hat am 7. September über den Berichtsentwurf von Nikolaj Villumsen (Die Linke, DK) zu den Vorschlägen der Europäischen Kommission zur Reduzierung beziehungsweise Neueinführung von Grenzwerten, abgestimmt. Der Entwurf zum Vorschlag der Europäischen Kommission zur Änderung der Richtlinie 98/24/EG und 2004/37/EG zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch chemische Arbeitsstoffe (Blei und Diisocyanate) wurde mit einem Bündel von 20 Kompromissänderungsvorschlägen mit großer Mehrheit angenommen. 37 Abgeordnete stimmten mit Ja, vier mit Nein, drei enthielten sich ihrer Stimme. Die Bestätigung durch das Parlamentsplenum steht noch aus, dürfte aber ein Selbstläufer sein. Der Rat hatte seinen Standpunkt am 12. Juni festgelegt. Informellen Verhandlungen für eine Kompromissbildung zwischen der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament und dem Rat (Trilogverhandlungen) dürfte damit in absehbarer Zeit nichts mehr im Wege stehen.


Ziel der Richtlinienänderung ist es, die Gesundheit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die berufsbedingt einer Exposition gegenüber Blei und Diisocyanaten ausgesetzt sein können, besser zu schützen. Dazu soll die Exposition verringert werden. Zum einen über schärfere Grenzwerte für Blei, zum anderen über die erstmalige Einführung von Grenzwerten für Diisocyanate. Beide Verbindungen werden bei Gebäuderenovierungen und bei der Herstellung von Batterien, Windkraftanlagen und anderem mehr verwendet. Blei wirkt unter anderem reproduktionstoxisch, Diisocyanate verursacht Haut- und Atembeschwerden.  

Erstmalig EU-Grenzwerte für Diisocyanate

Wer die Beratungen in beiden Rechtsetzungsorganen verfolgt hat, weiß: Man ist nah beieinander. Über die Höhe der Grenzwerte herrscht weitestgehend Einigkeit. Für Diisocyanate soll der zeitlich gewichtete Mittelwert über acht Stunden bei 6 µg NCO/m3 liegen und der Kurzzeitwert bei 12 µg NCO/m3. Übergangsweise bis Ende 2028 sollen die Grenzwerte 10 respektive 20 µg NCO/m3 betragen. Im Jahr darauf sollen die Grenzwerte dann überprüft werden.

Schärfere Grenzwerte für Blei

Für Blei wird ein über acht Stunden zeitlich gewichteter Arbeitsplatzgrenzwert von 0,03 mg/m3 Luft für angemessen erachtet. Der im Blut gemessene biologische Grenzwert soll 15 µg Pb/100ml Blut nicht überschreiten. Übergangsweise soll bis Ende 2028 ein Wert von 35 µg Pb/100 ml Blut gelten, damit die Unternehmen die Zeit nutzen können, um die notwendigen Risikomanagementmaßnahmen einzuleiten. Für Frauen im gebärfähigen Alter soll der Blutbleispiegel nicht höher sein als es einem Leitwert von 4,5 µgPb/100 ml Blut entspricht, der in Ermangelung wissenschaftlicher Erkenntnisse herangezogen wird.


Davon abweichend favorisiert der Ausschuss für Beschäftigung und Soziales im Europäischen Parlament einen Arbeitsplatzgrenzwert von 0,04 mg/m3. Hier folgt er der Risikoeinschätzung der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA). Zudem soll der Leitwert für Frauen im gebärfähigen Alter alle fünf Jahre überprüft werden. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sehr lange einer Bleiexposition ausgesetzt waren, sollen ab Blutwerten von 30 µg Pb/100 ml Blut anderweitig eingesetzt werden. Arbeitnehmer mit Blutbleispiegeln zwischen 15 und 30 µg Pb/100ml könnten weiterhin Aufgaben ausführen, die mit einer Bleiexposition verbunden sind, sofern ein Rückgang ihres Blutbleispiegels festgestellt werden kann. Diese Arbeitnehmer sollten aber einer verstärkten und kontinuierlichen medizinischen Überwachung unterzogen werden, um einen Abwärtstrend ihres Blutbleispiegels zu gewährleisten. Der Rat verzichtet hier auf eine konkrete Festlegung von Werten und plädiert für die Einleitung einer regelmäßigen medizinischen Überwachung.

Weiterer Handlungsbedarf

Darüber hinaus schlägt der Beschäftigungsausschuss vor, neue Regeln für die Grenzwerte für Kobald und Benzol zu entwickeln. Darüber hinaus sollen Feuerwehrleute besser geschützt werden. Denn diese Berufsgruppe sei Verbrennungsprodukten von Bränden, Baumaterialien, Chemikalien in Löschschäumen, Flammschutzmitteln und Dieselabgasen ausgesetzt.