Ein Programm für soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit.

AH – 09/2023

Am 1. Juli hat die spanische Regierung ihre nunmehr fünfte Präsidentschaft des Rates der Europäischen Union (EU) übernommen. In diesem Zusammenhang wurde das Programm „Europe Closer“ mit seinen vier Hauptprioritäten vorgestellt. Aufgrund der vorgezogenen spanischen Neuwahlen konnte  die Aussprache im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten des Europäischen Parlaments erst am 7. September stattfinden.

 

Vertreten wurde die spanische Regierung von José Luis Escrivá, Minister für Inklusion, soziale Sicherheit und Migration, und Yolada Diaz, zweite stellvertretende Ministerpräsidentin und Ministerin für Arbeit und Sozialwirtschaft. Sie stellten das Programm ihres Landes vor. Insgesamt zielt der spanische Vorsitz auf ein inklusives sowie nachhaltiges Europa ab. Dabei soll die Kaufkraft gefördert und Ungleichheiten im sozialen Bereich behoben werden. Das Recht auf menschenwürdige Arbeit und die Förderung des mittelfristigen Wachstumspotential werden angestrebt.

Europapolitische Schwerpunkte

Der spanische Vorsitz setzt vier Prioritäten:

  1. Reindustrialisierung der Europäischen Union und Modernisierung der Wirtschaft
  2. Weitere Umsetzung des grünen Übergangs
  3. Förderung von sozialer und wirtschaftlicher Gerechtigkeit 
  4. Stärkung der europäischen Einheit


Was bedeutet das im Einzelnen?

Einige Beispiele sollen zeigen, was dies konkret bedeutet. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern – auch aus Drittländern – sollen einen hohen sozialen Schutz genießen. Gezielt sollen die Rechte von Menschen in prekären Arbeitssituationen gestärkt werden. So sollen sie zum Beispiel Mitbestimmungsrechte in Bezug auf ihren Arbeitsplatz sowie weitere Informationsrechte bekommen.


Im Hinblick auf die Weiterentwicklung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes sollen unter anderem Themen wie Stress- und Angsterkrankungen in den Blick genommen werden. Daneben aber auch neue Arbeitsrisiken wie die durch den Klimawandel bedingte Hitze.


Darüber hinaus stehen Fragen zur Versicherungspflicht von Selbständigen, zu Tätigkeiten auf digitalen Plattformen sowie zur Förderung der Frauen- und Jugendarbeit auf dem Programm. Offene Fragen zur Thematik der Grenzgänger sollen stufenweise geklärt werden.


Die Förderung von wirtschaftlicher Gerechtigkeit soll durch die Stärkung der nationalen Kontroll- und Betrugssysteme erreicht werden. Hier ist die Forderung nach Richtlinien für Missbrauchsbekämpfung auf dem Arbeitsmarkt (auch im Hinblick auf Scheinselbstständigkeit) und Steuerhinterziehungen verständlich. Die innereuropäische Arbeit soll eine höhere Qualität erreichen, um den Arbeitsmarkt für internationale Fachkräfte attraktiv zu machen und bestehendes Fachpersonal zu halten.

Sozialinvestitionen – Was ist das?

Auf dem informellen Rat am 14. Juli in Madrid haben die Sozialminister erstmals den spanisch-belgischen Vorschlag zu Sozialinvestitionen diskutiert und die weitere Entwicklung des Themas in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe vereinbart. Hintergrund des Vorschlags ist, dass Aufwendungen für soziale Investitionen nicht mehr im Rahmen des europäischen Defizitverfahrens berücksichtigt werden sollen. Damit dies umsetzbar ist, müssen die Europäische Kommission und die zuständigen Ausschüsse der Mitgliedstaaten an der Definition und der Operationalisierung von sozialen Investitionen arbeiten. Die Arbeitsgruppe will hierzu bis November Ergebnisse für einen Analyserahmen präsentieren.