Richtlinienüberarbeitung in der Zielgeraden

IF – 10/2023

Die Einigung zwischen den Verhandlungsteams der Europäischen Kommission, des Europäischen Parlaments und dem Rat der Europäischen Union über die Revision der Richtlinie 2009/148/EG über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Asbest am Arbeitsplatz erfolgte zügiger als erwartet. Während des Sommers konnte man sich auf ein Resultat, welches für alle Seiten annehmbar war, verständigen.

Arbeitnehmerschutz an vorderster Stelle

Im Ausschuss für Beschäftigung und Soziales (EMPL) wurde am 7. September über das erzielte Ergebnis der interinstitutionellen Verhandlungen über den Vorschlag für eine Änderung der Asbestrichtlinie abgestimmt. Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz ist ein wichtiges Thema im Europäischen Parlament, auch parteiübergreifend. Demzufolge wurde die Einigung mehrheitlich angenommen. Die finale Einigung wurde im Sinne des laufenden Gesetzgebungsprozesses am 3. Oktober in der Plenarsitzung in Straßburg mit einer überwältigenden Mehrheit von 620 Ja-Stimmen, 2 Nein-Stimmen und 4 Enthaltungen von den Europaabgeordneten angenommen.

Europa soll asbestfrei werden

Mit den neuen Vorschriften werden die derzeitigen Grenzwerte für Asbest erheblich verringert und mit den technologischen Fortschritten bei den Methoden zur Messung von Asbestfasern in Einklang gebracht. So soll in einem ersten Schritt der Höchstwert der Exposition von derzeit 0,1 f/cm³ auf 0,01 Asbestfasern pro cm³ für einen Übergangszeitraum von höchstens sechs Jahren verringert werden. Danach sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, für die Messung von Asbestfasern die neue Methode der Elektronenmikroskopie anzuwenden. Diese ermöglicht auch die Messung von dünnen Asbestfasern. Nach der Einführung der Elektronenmikroskopie sind zwei Optionen zulässig. Werden auch dünne Asbestfasern gemessen, bleibt der Expositionshöchstwert bei 0,01 f/cm³. Werden keine dünnen Asbestfasern gemessen wird der Expositionshöchstwert auf 0,002 f/cm³ verringert. Daneben wurden noch verbesserte Vorbeuge- und Schutzmaßnahmen vereinbart.

Der menschenzentrierte Ansatz

Die neue Richtlinie enthält zusätzlich neue Anforderungen zum stärkeren Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Asbestexposition. Sie müssen individuelle Schutzausrüstung und Atemschutzgeräte tragen und die Schutzausrüstung muss dementsprechend gereinigt werden. Bei katastrophen- und arbeitsmedizinischer Dekontamination wird es ein spezielles Dekontaminationsverfahren geben. Bei Arbeitsunfällen werden meist nur einzelne Personen, welche durch lokal begrenzte Unfälle gefährdet waren, dekontaminiert.

Offenes Ende

Das Europäische Parlament wünscht sich für die Zukunft ein asbestfreies Europa und fordert die Europäische Kommission auf den „unsichtbaren Killer“ weiterhin zu bekämpfen. Besonders im Rahmen des Green Deals und der damit einhergehenden Gebäudesanierunsgwelle braucht es eine langfristige Strategie gegen Asbestexposition. Die Thematik wird sicherlich auch in der nächsten Legislaturperiode wichtig. Um den Schutz für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu erhöhen und das berufsbedingte Krebsrisiko zu senken sind intensive Schulungen zum Umgang mit Asbest angedacht. Solange der Green Deal in der Umsetzung ist und die Renovierung von Gebäuden in den Mitgliedsstaaten noch Jahrzehnte andauert, wird ein asbestfreies Europa noch lange dauern.

Ausblick

Die Europäische Kommission zeigte sich sehr zufrieden mit der Debatte auf europäischer Ebene. Das Ergebnis zielt auf die Beseitigung arbeitsbedingter Todesfälle ab, die auch mit dem angenommenen strategischen EU-Rahmen für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz zusammenhängen. Der Rat der Europäischen Union hat am 23. Oktober den neuen Regeln formal zugestimmt, die Mitgliedstaaten haben nach Inkrafttreten der Richtlinie zwei Jahre Zeit, um den neuen Expositionshöchstwert von 0,01 f/cm3 einzuführen, und sechs Jahre, um die Elektronenmikroskopie zur Messung von Asbest am Arbeitsplatz einzuführen. Der Weg in eine asbestfreie Zukunft und die Bewusstseinsbildung über die Gesundheitsrisiken wird weiterhin auf der europäischen Agenda bleiben müssen.