Die Digitalisierung der Koordinierung der sozialen Sicherung schreitet voran
Rat fordert stetige Einbeziehung der Sozialversicherungsträger.
VS – 11/2023
Der Rat hat sich auf Schlussfolgerungen zur Digitalisierung der
Koordinierung der sozialen Sicherung geeinigt. Die Mitgliedstaaten begrüßen
darin die von der Europäischen Kommission am 6. September veröffentlichte
Mitteilung und greifen in ihren Schlussfolgerungen einige Aspekte auf. Darin
unterstützt er die Initiativen der Europäischen Kommission, betont aber auch
die Bedeutung der Zusammenarbeit von Mitgliedstaaten und Europäischer
Kommission in den hierfür geschaffen Gremien. Der Rat hebt in seinen
Schlussfolgerungen zudem hervor, dass eine stetige Einbeziehung der
Sozialversicherungsträger für die erfolgreiche Umsetzung der Initiativen zur
Digitalisierung der Koordinierung der sozialen Sicherung erforderlich ist.
Erfolgreiche Digitalisierung
Die Ratsschlussfolgerungen betonen die bisherigen Fortschritte bei der
Digitalisierung, insbesondere bei EESSI. EESSI – das System für einen digitalen
Austausch von Sozialversicherungsdaten – ist ein ambitioniertes Langzeitprojekt
und verbindet mehrere tausend Institutionen in 32 Ländern. Der Weg dahin habe
wesentlich länger gedauert als ursprünglich geplant. Aus Sicht des Rates habe
sich diese Anstrengung aber gelohnt, schließlich würde EESSI heute in allen
beteiligten Staaten eingesetzt, auch wenn einige Mitgliedstaaten gegenwärtig
noch Unterstützung benötigen. Nach den Ratsschlussfolgerungen soll EESSI in
2024 jedoch in allen Mitgliedstaaten vollständig umgesetzt sein.
Zusammenarbeit ist wichtig
In den Ratsschlussfolgerungen wird die aktive Rolle sowohl von
Europäischer Kommission als auch von Verwaltungskommission und technischer
Kommission betont. Die Verwaltungskommission ist zuständig für Verwaltungs- und
Auslegungsfragen, die sich aus den Vorschriften der Verordnungen über die
Koordinierung der sozialen Sicherheit ergeben, während die Fachausschuss für
Datenkommunikation zwischen den Sozialversicherungsträgern Teil der technischen
Kommission ist. In der näheren Vergangenheit haben Rat und Europäische
Kommission die Relevanz der in den letztgenannten Kommissionen getroffenen
Vereinbarungen jedoch unterschiedlich beurteilt.
So hat die Europäische Kommission noch in ihrer Mitteilung vom 6.
September auf den in der Single Digital Gateway-Richtlinie vereinbarte
Zeitpunkt für die Einführung einer digitalen Gesundheitskarte vom 12. Dezember
2023 betont. Ein Ziel, das zuvor alle Beteiligte in der Verwaltungskommission,
auch die der Europäischen Kommission, als unrealistisch eingeschätzt haben.
Entwicklung und Umsetzung einer grenzüberschreitend von allen Akteuren
akzeptierten Lösung benötigen Zeit und Ressourcen.In den Ratsschlussfolgerungen
wird zusätzlich darauf hingewiesen, dass bei Einführung von digitalen Lösungen
Fragmentierungen und Überlappungen vermieden werden sollen. Aktuell arbeitet
die Europäische Kommission gemeinsam mit den Mitgliedstaaten an einer
kurzfristig umsetzbaren Zwischenlösung.
Aus Fehlern lernen
Die Einführung von EESSI hat gezeigt, dass Initiativen bei der
Digitalisierung der Koordinierung der sozialen Sicherung erfolgreich umgesetzt
werden können. Deutlich wurde jedoch auch, dass es sich hierbei um komplexe
Sachverhalte handelt, die einer frühzeitigen und umfassenden Einbeziehung der
Sozialversicherungsträger bedürfen. In den Ratsschlussfolgerungen wird daher
ausdrücklich hervorgehoben, dass die Expertise der Sozialversicherungsträger
frühzeitig und stetig eingebunden werden muss.
Auch in der Mitteilung der Europäischen Kommission lässt sich hierzu ein
Umdenken ablesen. Die beiden Pilotprojekte zum ESSPASS, dem europäischen
digitalen Sozialversicherungsausweis, sollen trotz Abschluss der Ausschreibung
für möglichst viele weitere Sozialversicherungsträger geöffnet werden. Für eine
zeitnahe und erfolgreiche Umsetzung des ESSPASS werden die Expertise und die
Erfahrungen möglichst aller Mitgliedsstaaten benötigt. In diesem Zusammenhang
begrüßt der Rat den Vorschlag der Europäischen Kommission, über die Europäische
Arbeitsbehörde (ELA) den Austausch über erfolgreiche Umsetzungen und Lösungen
zu organisieren.
Nächste Schritte
Am 8. November haben das Europäisches Parlament und der Rat im Trilog
eine Einigung zur Verordnung zur Einführung europäischer digitaler
Identitätsbörsen erzielt. Damit wird ein Rechtsrahmen für eine europäische
digitale Identität (EUid) geschaffen. Diese ist eine wichtige Voraussetzung für
einen sicheren digitalen Austausch zwischen öffentlichen Institutionen und den
Bürgern. Mit der Einigung zur EUid im Trilog ist auch die Grundlage für den
ESSPASS geschaffen worden. Bei der EUid handelt es sich um eine digitale
Brieftasche. Der ESSPASS wird als sichere Anwendung in dieser digitalen
Brieftasche realisiert und den Identitätsnachweis der EUid zugrunde legen.
Darüber hinaus haben sich Rat und Europäisches Parlament am 14. November
auf einen Kompromiss für eine Verordnung für interoperable digitale öffentliche
Dienste geeinigt. Hiermit will die Europäische Kommission einen Rahmen für die
Zusammenarbeit öffentlicher Verwaltungen in der gesamten EU schaffen und dazu
beitragen, den sicheren grenzüberschreitenden Datenaustausch bei
Digitalisierungsprozessen in den nationalen Verwaltungen immer mitzudenken. Die
erzielten Einigungen müssen nun vom Plenum des Europäischen Parlaments und vom
Rat förmlich verabschiedet werden. Für die EUid sollen nach der formalen
Verabschiedung innerhalb von sechs bis zwölf Monaten die zugehörigen
Durchführungsakte erlassen werden. Ab diesem Zeitpunkt läuft für die
Mitgliedstaaten eine 24-monatige Frist die EUid zur Verfügung zu stellen. Dann
kann auch der ESSPASS mit seinen ersten Funktionen eingeführt werden.