Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz
Bei psychischer Gesundheit nimmt die EU die prekäre Beschäftigung in den Blick.
AH – 11/2023
Die Verbesserung der psychischen
Gesundheit ist eine soziale und wirtschaftliche Notwendigkeit für die
Europäische Union (EU) und der Mitgliedstaaten, die seit der COVID-19-Pandemie
noch deutlicher geworden ist. Laut der Europäischen Kommission haben wissenschaftliche
Erkenntnisse ergeben, dass im vergangenen Jahr 27 Prozent der europäischen
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter Stress, Druck, Depressionen und
Angstzuständen in prekären einschließlich schlecht bezahlten sowie
ungeschützten Beschäftigungsverhältnissen gelitten haben. Die Tendenz ist
steigend.
Die Europäische Kommission hat dies im
Rahmen ihrer politischen Aktivitäten aufgegriffen und bereits am 7. Juni eine Mitteilung über eine umfassende Herangehensweise
im Bereich der psychischen Gesundheit veröffentlicht (siehe News 06/2023).
Psychische Gesundheit wichtiger denn je - Rat fordert Maßnahmen
Am 9. Oktober hat sich auch der Rat für
Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz (EPSCO) im
Rahmen von Schlussfolgerungen zur psychischen Gesundheit und prekärer
Beschäftigung auseinandergesetzt. Der
Rat fordert darin die Mitgliedstaaten auf, eine qualitativ hochwertige
Beschäftigungspolitik zu fördern, um prekäre Beschäftigungsverhältnisse zu
bekämpfen. So sollen öffentliche Systeme zum Schutz der psychischen Gesundheit
am Arbeitsplatz gestärkt und Forschungen im Zusammenhang mit den Auswirkungen
prekärer Arbeitsverhältnisse auf das Wohlbefinden der Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer unterstützt werden. Die Europäische Kommission wird aufgefordert,
Überlegungen zu einer angemessenen Politikentwicklung zur Bewältigung
psychosozialer Risiken am Arbeitsplatz zu treffen. Nationale Initiativen für
den Umgang mit psychosozialen Risiken am Arbeitsplatz sollen vorangetrieben
werden, um psychosoziales Wohlbefinden zu verstärken und die Prekarität zu
bekämpfen. Die Schlussfolgerungen des Rates waren die Ersten, die sich mit dem
Zusammenhang zwischen psychischer Gesundheit und den Beschäftigungsbedingungen
befassen.
Schlussfolgerungen des Parlamentes
Auch
die Europaabgeordneten haben in einem am 27. Oktober angenommenen Initiativbericht
betont, dass Initiativen zur Förderung von psychischer Gesundheit notwendig
sind, um eine integrative, solidarische und psychisch gesunde Gesellschaft in
der EU zu fördern. Das Parlament begrüßt daher die im Rahmen der Programme
Horizont 2020 und Horizon Europe für Forschungs- und Innovationsprojekte zur
psychischen Gesundheit zur Verfügung gestellten 765 Millionen Euro und fordert
die Kommission auf, die Strategie für psychische Gesundheit weiterzuentwickeln
sowie konkrete Ziele und Initiativen zu formulieren. Das Parlament hält
Informationssysteme zur psychischen Gesundheit für notwendig, um die Daten und
die Wirksamkeit von Maßnahmen im diesem Bereich erheben und messen zu können. Die
Abgeordneten fordern die EU und die Mitgliedstaaten auf, das Bewusstsein für
die Bedeutung der psychischen Gesundheit zu sensibilisieren und die Systeme der
psychischen Gesundheit wie Gesundheitssysteme zu stärken.
Hintergrund
Mit der im Juni vorgelegten Mitteilung möchte
die Kommission die Mitgliedstaaten und die Interessenträger unterstützen,
zeitnah auf die Herausforderungen im Bereich der psychischen Gesundheit – auch
in prekären Beschäftigungsverhältnissen zu reagieren. Dazu werden 20 Leitlinien
und eine finanzielle Unterstützung in Höhe von 1,23 Milliarden Euro zur
Förderung einer umfassenden Vorgehensweise bereitgestellt. Mit der Mitteilung
wird deutlich, dass nur über eine fokussierte Bekämpfung prekärer
Arbeitsverhältnisse und einer geeigneten Prävention von psychosozialen Risiken
am Arbeitsplatz, eine Verbesserung der derzeitigen Ausgangslage erreicht werden
kann. Eine Eindämmung psychosozialer Risiken am Arbeitsplatz führt langfristig
zu einer Stabilisierung der physischen und psychischen Gesundheit sowie zu
einer damit verbundenen gesteigerten Leistungsfähigkeit aller Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer.