Die EU-Liste wird in den nächsten Jahren weit­rei­chende Wirkung entfalten.

UM – 12/2023

Die Europäische Kommission, die Leiter der nationalen Arzneimittelagenturen (HMA) und die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) haben am 12. Dezember 2023 die erste Fassung der Liste der kritischen Arzneimittel in der Europäischen Union (EU) veröffentlicht. Sie ist ein Baustein der EU im Kampf gegen Versorgungsengpässe und wurde von der Europäischen Kommission in der Mitteilung zur Bewältigung von Arzneimittelengpässen in der EU vom 24. Oktober 2023 angekündigt.

Poli­ti­sche Bedeu­tung

Die Bedeutung der EU-Liste liegt darin, dass sie den Bezugspunkt für weitergehende politische Schritte auf EU-Ebene bildet. Denn die Europäische Kommission plant, Anfang 2024 eine Allianz für kritische Arzneimittel zu bilden, welche die Zusammenarbeit zwischen nationalen Behörden, der Industrie, der Zivilgesellschaft und EU-Agenturen fördern soll. Dabei sollen strategische Ziele wie die Diversifizierung der Lieferketten oder die Förderung und Modernisierung der Produktion kritischer Arzneimittel in den Fokus genommen werden.

Prak­ti­sche Bedeu­tung

Die Liste ergänzt auch freiwillige Maßnahmen wie den kürzlich geschaffenen Solidaritätsmechanismus der Lenkungsgruppe für Arzneimittelknappheit und Arzneimittelsicherheit bei der EMA (MSSG). Sofern der kurzfristige Ausverkauf eines kritischen Arzneimittels droht, ermöglicht dieser den Mitgliedstaaten, um Unterstützung bei der Beschaffung von Vorräten zu bitten. Die Unionsliste wird aber auch rechtliche Verpflichtungen auslösen, wie zum Beispiel Meldepflichten für die Zulassungsinhaber von kritischen Arzneimitteln. Diese sind in der Arzneimittelreform vorgesehen, die sich derzeit in der politischen Beratung befindet.

Kritisch sind …

Die Liste kritischer Arzneimittel enthält Wirkstoffe, die ein breites Spektrum von Therapiegebieten abdecken, darunter auch Impfstoffe und Arzneimittel für seltene Krankheiten. Sie spiegelt das Ergebnis der Überprüfung von 600 Wirkstoffen aus sechs nationalen Listen kritischer Arzneimittel wider, darunter Deutschland. Ein Arzneimittel gilt als kritisch, wenn es bei schweren Krankheiten eingesetzt wird und nicht ohne weiteres durch andere Arzneimittel ersetzt werden kann. In die Unionsliste der kritischen Arzneimittel wird es aufgenommen, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind, darunter, dass es in mehr als einem Drittel der EU-Mitgliedstaaten beziehungsweise Länder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) als kritisch eingestuft ist.

… aktuell rund 200 Wirk­stoffe

Die Unionsliste wird im Jahr 2024 erweitert und danach jährlich aktualisiert. In der aktuellen, ersten Fassung sind etwas mehr als 200 Wirkstoffe von Humanarzneimitteln, die als besonders wichtig für die Gesundheitsversorgung in der EU beziehungsweise im EWR gelten, aufgeführt. Die Liste soll keine Auswirkungen auf bestehende nationale Listen haben. Nach der Erwartung der Europäischen Kommission ist sie aber als Beitrag zu verstehen, in den Ländern, die keine eigenen Listen haben, die Entwicklung von entsprechenden nationalen Übersichten anzuregen.

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