Politische Einigung über ein europäisches Gesetz zur Plattformarbeit
Statusfeststellung und algorithmisches Management im Fokus.
VS – 12/2023
Die
Verhandlungsführerinnen und -führer vom Europäischen Parlament und Rat haben am
Vormittag des 13. Dezember eine vorläufige Einigung über einen Gesetzentwurf
zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen
in der Plattformarbeit erzielt. Ziel des Gesetzentwurfs
ist, die korrekte Einstufung des Beschäftigungsstatus von
Plattformbeschäftigten zu gewährleisten. Damit soll sichergestellt werden, dass
Plattformtätige, die bisher fälschlich als selbstständig eingestuft wurden,
sozial abgesichert sind und für sie die gleichen Arbeitsschutz- und
Gesundschutzrechte gelten, wie für Beschäftigte jenseits digitaler
Arbeitsplattformen. Darüber hinaus werden wenige Tage nach der vorläufigen
Einigung zum KI-Gesetz erstmals verbindliche Regeln für algorithmisches
Management und den Einsatz künstlicher Intelligenz am Arbeitsplatz festgelegt.
Feststellung des Beschäftigungsstatus
Im ursprünglichen Kommissionsentwurf sollte der tatsächliche Beschäftigungsstatus für die widerlegbare Vermutung
anhand von fünf Kriterien geprüft werden. Danach sollte die Vermutung ausgelöst
werden, wenn zwei der fünf Kriterien erfüllt sind. Der Rat hat in seiner
Position sieben Kriterien formuliert, von denen drei zu erfüllen waren. Das
Parlament hat sich hingegen gegen EU-weit verbindlichen Kriterien
ausgesprochen, sondern acht nicht abschließende Aspekte aufgeführt. Diese müssen neben der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), nationalen Vorschriften und gesetzlichen Bestimmungen bei der Bestimmung des Beschäftigungsstatus berücksichtigt werden.
In der Einigung wird nun nicht mehr von
Kriterien gesprochen, sondern von fünf Indikatoren, die sich an der
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs orientieren. Die widerlegbare
Vermutung wird ausgelöst, wenn mindestens zwei Indikatoren vorliegen. Die
Indikatoren führen dabei zu keiner direkten Neueinstufung, sondern stoßen eine
Überprüfung an. Weiterhin wurde vereinbart, dass die Mitgliedsstaaten die Liste
der Indikatoren erweitern können.
Die Vermutung kann vom
Plattformbeschäftigten, von seinen Vertretern und von den zuständigen Behörden
aus eigener Initiative ausgelöst werden. Diese Vermutung kann widerlegt werden,
wenn die digitale Arbeitsplattform nachweist, dass es sich bei dem Vertragsverhältnis
nicht um ein Arbeitsverhältnis handelt.
Transparenz
Derzeit haben
Plattformbeschäftigte keinen Zugang zu Informationen zur Funktionsweise der
Algorithmen und wie sich ihr Verhalten auf die von den automatisierten Systemen
getroffenen Entscheidungen auswirkt. Mit den neuen Vorschriften werden die
digitalen Arbeitsplattformen diese Informationen den Arbeitnehmern und ihren
Vertretern zur Verfügung stellen müssen.
Algorithmisches Management und Einsatz künstlicher Intelligenz
Mit den neuen
Vorschriften wird es den digitalen Arbeitsplattformen untersagt, Entscheidungen
wie Entlassungen oder die Sperrung eines Kontos ohne menschliche Aufsicht zu
treffen. Darüber hinaus sieht die vorläufige Einigung stärkere menschliche Aufsicht über
die Entscheidungen von Systemen vor, die sich direkt auf Plattformbeschäftigte auswirken.
Ferner sollen die digitalen
Arbeitsplattformen verpflichtet werden, die Auswirkungen von Entscheidungen auf
Basis automatisierter Überwachungs- und Entscheidungssysteme auf
Arbeitsbedingungen, Gesundheit und Sicherheit sowie Grundrechte zu bewerten.
Personenbezogene Daten
Nach der vorläufigen Einigung wird
digitalen Arbeitsplattformen die Verarbeitung, bestimmter personenbezogener
Daten untersagt. Hierzu zählen beispielsweise Angaben zur persönlichen
Überzeugung oder zur Anwesenheit am Arbeitsplatz. Auch sollen die digitalen
Arbeitsplattformen verpflichtet werden, den zuständigen nationalen Behörden und
den Vertretern der Plattformbeschäftigen Informationen über die bei ihnen
beschäftigten Selbstständigen zu übermitteln.
Wie geht es weiter
Die vorläufige Einigung
muss nun noch vom Europäischen Parlament und Rat formell verabschiedet werden.
Nach der amtlichen Bekanntmachung haben dann die EU-Mitgliedstaaten für die
Umsetzung in nationales Recht zwei Jahre Zeit.