Keine Einbeziehung der Rentenversicherung in den Anwendungsbereich.

VS – 12/2023

Die Verhandlungsführerinnen und -führer vom Europäischen Parlament und Rat haben am frühen Vormittag des 14. Dezember eine vorläufige Einigung über den Gesetzentwurf über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Hinblick auf der Nachhaltigkeit (europäisches Lieferkettengesetz) erzielt. Im Ergebnis haben sich die Parteien darauf geeinigt, dass der Finanzsektor vorübergehend vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgeklammert werden soll. Damit entfällt zunächst auch die kritische Einordnung der gesetzlichen Rentenversicherung als Finanzunternehmen.

Richtlinienvorschlag und Einbeziehung der Rentenversicherung

Die Europäische Kommission hatte am 23. Februar 2022 einen Richtlinienvorschlag für ein europäisches Lieferkettengesetz vorgelegt. Unter den Anwendungsbereich der hiervon betroffenen Finanzunternehmen sollen danach auch die gesetzlichen Rentenversicherungsträger im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des (EG) Nr. 987/2009 fallen. Diese wäre eine Abkehr vom Verständnis des Begriffs "Unternehmen" im EU-Recht und in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH).

Die deutsche Sozialversicherung (DSV) hat in einer ersten Stellungnahme unterstützt, dass alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer innerhalb und außerhalb der EU einen Zugang zu gesunden Arbeitsbedingungen haben. Auch Kinder- sowie Zwangsarbeit soll weltweit abgeschafft werden. Kritisch hinterfragt wurde jedoch Sinn und Zweck der Absicht der Europäischen Kommission, die Rentenversicherungsträger in den Anwendungsbereich miteinzubeziehen.

Die Sozialversicherungsträger insgesamt, wie die gesetzlichen Rentenversicherungsträger, können zwar unternehmerisch agieren und auch auf dem Kapitalmarkt tätig werden. Allerdings unterliegen deren Anlagemöglichkeiten von Finanzmitteln in allen Mitgliedstaaten der EU einer strikten gesetzlichen Reglementierung sowie engen Kontrolle. Entsprechend wurde in einer weiteren Stellungnahme vorgeschlagen, den Bezug auf die gesetzlichen Rentenversicherungsträger zu streichen.

In der Folge hat das Europäische Parlamente in seinem Standpunkt den Bezug auf die gesetzliche Rentenversicherung gestrichen. Der Rat hatte zuvor die Einbeziehung der gesetzlichen Rentenversicherungsträger in eine Kann-Bestimmung umformuliert.

Trilog und vorläufige Einigung

Im Vorfeld des letzten Trilogs hat eine Mehrheit der Mitgliedstaaten den Vorschlag der spanischen Ratspräsidentschaft unterstützt, den Finanzsektor aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie auszuklammern. Damit ist die Ratspräsidentschaft einer Forderung Frankreichs nachgekommen. Aus Parlamentskreisen, aber auch von Seiten der Niederlande und Dänemark ist dieser Vorschlag hingegen auf starke Kritik gestoßen.

In der vorläufigen Einigung wird der Finanzsektor vorübergehend vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgeklammert. Auf Grundlage von noch nicht näher erläuterten Folgenabschätzungen soll zu einem späteren Zeitpunkt über dessen mögliche zukünftige Einbeziehung entschieden werden. Damit entfällt zunächst auch die kritische Einordnung der gesetzlichen Rentenversicherungsträger als Finanzunternehmen.

Wie geht es weiter?

Die vorläufige Einigung muss nun noch vom Europäischen Parlament und Rat formell verabschiedet werden.