Die neue Richtlinie erzwingt auch in Deutschland Anpassungen.

UM – 01/2024

Am 14. Dezember haben der Rat und das Europäische Parlament eine politische Einigung zum Gesetzgebungsvorhaben über die Haftung für fehlerhafte Produkte erzielt. Damit wird das geltende Recht hinsichtlich der zivilrechtlichen Haftung aktualisiert. Dies war notwendig, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass heute viele Produkte digitale oder KI-Funktionen haben. Dem entsprach das geltende Recht nur unvollkommen. Freie und quelloffene Software ist aber vom Anwendungsbereich ausgenommen.

Treiber sind die Digitalisierung, der Onlinehandel und die Kreislaufwirtschaft

Darüber hinaus reagiert die Europäische Union (EU) auch auf die Zunahme des Online-Einkaufs. Künftig können auch Online-Plattformen haftbar gemacht werden, wenn sie den Verkauf des Produkts – auch aus Drittländern - ermöglicht haben. Die EU ebnet auch den Weg für einen Übergang zu einer mehr kreislauforientierten Wirtschaft, indem zum Beispiel auch Unternehmen und Personen, die ein Produkt repariert oder nachgerüstet haben, in die Haftung für Schäden genommen werden können.

Materielle und immaterielle Schäden

Der neue Rechtsrahmen stellt sicher, dass es immer ein in der EU ansässiges Unternehmen gibt – ob Hersteller, Importeur oder Bevollmächtigter – der für ein schadhaftes Produkt haftbar gemacht werden kann. Dabei muss es sich nicht nur um materielle Schäden handeln. Auch medizinisch anerkannte Schäden an der psychischen Gesundheit können Entschädigungsleistungen auslösen. Zu diesem Zweck ist auch die Haftungsfrist in besonderen Ausnahmefällen auf 25 Jahre verlängert worden. Eine solche Ausnahme soll zum Beispiel dann gegeben sein, wenn die Schadenssymptome nur langsam auftreten.

Beweislasterleichterungen

Auch nach Ansicht der DSV ist mit der Einigung auf einen Kompromisstext ein wesentlicher Schritt gemacht worden, Verbraucherinnen und Verbraucher in einer sich verändernden Welt besser zu schützen. Besonders positiv zu bewerten sind jedoch die Regelungen, die den Zugang zu Entschädigungen erleichtern. Künftig sollen die Gerichte die Unternehmen anweisen können, die „notwendigen und verhältnismäßigen“ Beweise offenzulegen. Die Mangelhaftigkeit eines Produktes kann dann vermutet werden, wenn der geschädigte Verbraucher insbesondere wegen der Komplexität des Produkts mit übermäßigen Schwierigkeiten konfrontiert wäre und das Produkt wahrscheinlich fehlerhaft ist. Heute müsste er nachweisen, dass eine Fehlerhaftigkeit des Produktes gegeben war und dass der erlittene Schaden durch diesen Fehler verursacht worden ist.

Konsequenzen für Deutschland

Die formelle Verabschiedung der vorgeschlagenen neuen Richtlinie durch Rat und Europäisches Parlament wird in Kürze erfolgen (die Endfassung des Textes liegt noch nicht vor). Die neuen Regeln gelten dann für Produkte, die 24 Monate nach Inkrafttreten der Richtlinie in Verkehr gebracht werden. Die Bundesregierung wird in der Folge das deutsche Produkthaftungsrecht anzupassen haben. In manchen Punkten dürfte dies unkompliziert sein, zum Beispiel bei der Umstellung der Verjährung des Haftungsanspruchs auf neue Fristen. Deutlich schwieriger stellt sich dies bei den Erleichterungen der Beweislast dar. Im deutschen Recht herrscht ein anderer juristischer Sprachgebrauch, in den die Inhalte der neuen EU-Richtlinie gefasst werden müssen.