Kartellrecht und Fusionskontrolle
Ein funktionierender Wettbewerb hilft, Arzneimittelinnovationen bezahlbar zu halten.
UM – 02/2024
Der Marktwettbewerb ist neben der staatlichen Regulierung
das wichtigste Instrument, um die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger mit Arzneimitteln
zu erschwinglichen Preisen sicherzustellen. Die aktive Durchsetzung der
europäischen Kartell- und Fusionskontrollvorschriften trägt dazu bei, dass die
Märkte funktionsfähig gehalten werden und die Menschen in Europa Zugang zu
bezahlbaren und innovativen Arzneimitteln haben. Zu diesem Schluss kommt ein Bericht
der Europäischen Kommission vom 26. Januar 2024. Der Bericht nimmt die
Jahre 2018 bis 2022 in den Blick. Er ist der zweite seiner Art und Ergebnis der
Zusammenarbeit von Europäischer Kommission und den Wettbewerbsbehörden der
EU-Mitgliedstaaten im Europäischen Wettbewerbsnetz (ECN). Im Vergleich zum
vorhergehenden Bericht ist im Untersuchungszeitraum die Anzahl der
kartellrechtlichen Beschlüsse von durchschnittlich drei auf fünf Beschlüsse pro
Jahr gestiegen.
Wettbewerbswidriges Handeln unterbinden
In dem Bericht wird zum einen auf die Anwendung der
kartellrechtlichen Vorschriften zu wettbewerbswidrigen Vereinbarungen und
Praktiken verwiesen. Diese umfassen Maßnahmen gegen Verhaltensweisen, die den
Markteintritt von Generika verhindern oder verzögern sowie Maßnahmen gegen
Preishöhenmissbrauch von Arzneimitteln aufgrund einer marktbeherrschenden
Stellung („unangemessene Preise“), Angebotsabsprachen bei Ausschreibungen von
Krankenhäusern, Marktaufteilungsabsprachen zwischen Apotheken, Beschränkungen
des Parallelimports, bei dem Preisdifferenzen von Medikamenten in der
Europäischen Union (EU) ausgenutzt werden, und anderes mehr. Rund 100 Fälle,
die Arzneimittel betrafen, wurden untersucht. In 28 Fällen ergingen
kartellrechtliche Beschlüsse durch die Wettbewerbsbehörden, 30 Fälle sind noch
nicht abgeschlossen.
Durch Fusionskontrolle Wettbewerbsdruck aufrechterhalten
Zum
anderen standen 30 Zusammenschlüsse im Arzneimittelsektor zur Prüfung an, um
einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung zu verhindern. Die größere
Marktmacht fusionierter Unternehmen kann dazu führen, dass der Wettbewerbsdruck
aufgehoben wird und in deren Folge höhere Preise und Nachteile für Patientinnen
und Patienten sowie die Gesundheitssysteme entstehen. In fünf Fällen wurden
Bedenken angemeldet. Davon wurden vier Zusammenschlüsse genehmigt, nachdem die
Unternehmen zu Änderungen an ihren Plänen bereit waren.
Die Wettbewerbsüberwachung ist eine Daueraufgabe
Die Quintessenz des Berichts ist: Die Überwachung und
Klärung der wettbewerbs- und kartellrechtlichen Auslegung durch die
Wettbewerbsbehörden ist notwendig, damit der Preis- und Innovationswettbewerb unterstützt
wird, die Arzneimittelmärkte funktionieren und der Zugang zu erschwinglichen
und innovativen Arzneimitteln verbessert wird.
Staatliche Regulierung bleibt unverzichtbar
Nicht im Bericht steht: Die staatliche Regulierung ist für
faire Arzneimittelpreise mindestens ebenso wichtig. In Deutschland helfen
regulatorische Instrumente wie die frühe Nutzenbewertung, die Erstattungspreis- und Festbetragsregelungen, die Importquote oder
auch die Möglichkeit, Rabattverträge abschließen zu können, dass an Ausgaben für Arzneimittel jedes Jahr ein zweistelliger Milliardenbetrag eingespart werden kann. Und dies ohne Versorgungseinbußen.