EU-Konferenz zu Gender Pension Gap
Wie lässt sich die Rentenlücke schließen?
LSC/VS – 02/2024
Am 8.Februar fand die High Level Conference der belgischen Ratspräsidentschaft zum Thema „Gender Pension Gap“ in Brüssel statt. Die geschlechtsspezifische Rentenlücke - auch Gender Pension Gap - beschreibt die Unterschiede in den Alterssicherungseinkommen von Frauen gegenüber Männern. Über die Frage, wie sich diese Rentenlücke zukünftig verringern lässt, diskutierten hochrangige Politikerinnen und Politiker mit den Fachexpertinnen und Fachexperten von Europäischer Kommission und den Mitgliedstaaten; darunter die belgische Ministerin für Renten und soziale Integration, Karine Lalieux, der belgische Minister für Mittelstand und Selbstständige, David Clarinval, sowie der deutsche Staatssekretär des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Dr. Rolf Schmachtenberg.
Spiegel der Erwerbsbiografien
Der Gender Pension Gap gibt die Unterschiede in den Erwerbsbiografien von Männern und Frauen wieder. Dazu zählt zum Beispiel die ungleiche Verteilung zwischen bezahlter Erwerbsarbeit sowie die ungleiche Verteilung der unbezahlten Sorgearbeit zwischen Männern und Frauen, also Kinderbetreuung oder Altenpflege, aber auch familiäre Unterstützung, häusliche Pflege oder Hilfe unter Freunden. Zudem arbeiten Frauen häufiger in Teilzeit als Männer und unterbrechen ihre Erwerbstätigkeit aus familiären Gründen häufiger und länger. Außerdem liegen die Verdienste von Frauen weiterhin deutlich unter denen von Männern (Gender Pay Gap).
Der Gender Pension Gap ist jedoch nicht als Ausdruck einer prekären Einkommenssituation von Frauen im Alter zu deuten. Die Einkommenssituation von Frauen im Alter hängt von der Einkommenssituation des Haushaltes ab, in dem sie leben. Einbezogen werden auch weitere Einkommensquellen wie beispielsweise Kapitaleinkommen, Einkommen aus Verpachtung und Vermietung oder aus Erwerbstätigkeit weiterer Haushaltsmitglieder. Die geschlechtsspezifische Rentenlücke betrachtet also nicht nur das eigenständige Alterseinkommen von Frauen, sondern auch deren ökonomische Abhängigkeit.
Wandel der Rollenmodelle
Die Rentenlücke bezieht sich maßgeblich auf Frauen, die heute in Rente sind, das heißt, deren Erwerbsleben überwiegend vor 1970 begann. Zu dieser Zeit waren traditionellere Partnerschaftsmodelle, in denen zum Beispiel nur der Mann erwerbstätig war, noch wesentlich verbreiteter als heute. Rollenverständnisse und Lebensentwürfe haben sich jedoch stark verändert. Dies zeigt sich auch im stetigen Anstieg der Erwerbsbeteiligung von Frauen, die seit dem Jahr 2002 in der Europäischen Union (EU) um knapp zwölf Prozent und in Deutschland um gut 14 Prozent gestiegen ist.
Ausgestaltung der Rentensysteme
Neben der Erwerbsbiografie hat aber auch die Ausgestaltung der Rentensysteme einen direkten Einfluss auf den Gender Pension Gap und damit auf dessen Reduzierung. Im Rahmen der Konferenz der belgischen Ratspräsidentschaft wurde dies exemplarisch anhand von Best Practise-Beispielen verdeutlicht.
So stellte Susan Kuivalainen vom „Finish Center for Pensions“ einen einfach zugänglichen Rentenrechner vor, der es finnischen Versicherten ermöglicht, die Folgen einer Reduzierung ihrer Erwerbstätigkeit auf ihr zukünftiges Alterseinkommen abzufragen. Dina Frommert von der Deutschen Rentenversicherung erläuterte das Rentensplitting, das während der Ehe erworbenen Alterssicherungsansprüche im Falle einer Scheidung aufteilt. Giselda Curvers und Dries van der Bosch erklärten zudem die positive Wirkung der Grundrente auf Frauen in Belgien. Drei unterschiedliche Maßnahmen, die Frauen zugutekommen und die den Gender Pension Gap reduzieren können.
Eine Frage des Zugangs
Im Zuge der Veranstaltung wurde darüber hinaus deutlich, dass sich die Reduzierung der geschlechtsspezifischen Rentenlücke nur durch einen gleichberechtigten Zugang zum Arbeitsmarkt und zum Sozialschutz erzielen lässt. Gleiches gilt für eine gleichberechtigte Verteilung von Erwerbsarbeit und unbezahlter Sorgearbeit zwischen Männern und Frauen. Zudem müsse der Zugang zur betrieblichen und privaten Altersvorsorge stärker berücksichtigt werden. So liegt der Gender Pension Gap bei der Betriebsrente deutlich über dem der gesetzlichen Rentenversicherung.
Forderung nach einem Gender Pension Gap Network
Analog zum Europäischen „Minimum Income Network“ zur Evaluierung der Mindesteinkommen in Europa, schlugen Lalieux und Schmachtenberg die Gründung eines „Gender Pension Gap Network“ vor. Der Europäische Statistik-Amt Eurostat und die Indikatorengruppe des Sozialschutzausschusses der Europäischen Union hätten umfangreiche Statistiken und Analysetools geschaffen. Diese gelte es systematisch zu nutzen, um schrittweise die Rentenlücke zu schließen.