Vorläufiges Aus für die "883"
Die Reform des Koordinierungsrechts wird in dieser Legislaturperiode nicht abgeschlossen.
UM – 02/2024
Mit der Reform des Rechts zur Koordinierung der Systeme der sozialen
Sicherheit – der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 und ihrer Durchführungsverordnung
(EG) 987/2009 – wird es vorerst nichts. Der belgische Vizepremier und
Gesundheitsminister Frank Vandenbrouke hat am 14. Februar im Ausschuss für
Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL) offiziell gemacht, was seit
dem gescheiterten Kompromissvorschlag von Ende Januar im Grunde klar war: Das
Dossier wird von der belgischen Ratspräsidentschaft nicht weiterverfolgt. Damit
ist es auch in der zweiten Legislaturperiode nicht gelungen, den Vorschlag
der Europäischen Kommission vom 13. Dezember 2016 für eine Revision des
Koordinierungsrechts erfolgreich auszuhandeln.
Vorbei, aber nicht zu Ende
Die
belgische Ratspräsidentschaft hatte vorgeschlagen, die verbliebenen strittigen
Punkte gesondert zu verhandeln. Hierbei handelt es sich um den Mechanismus zur
Feststellung der Sozialversicherungspflicht von Beschäftigten im EU-Ausland über
die A1-Bescheinigung und um das Arbeitslosengeld für grenzüberschreitende Arbeitskräfte.
Dies war mit dem zuständigen EMPL-Ausschuss nicht zu machen. Damit war der Weg
für das Aus in der sich ohnehin auf ihr Ende zubewegenden Legislaturperiode
vorgezeichnet.
Parlament bleibt am Ball
Die Berichterstatterin für das Gesetzesverfahren, Gabriele
Bischoff (S&D, DE) ließ zu der Ratsentscheidung wissen, das Europäische
Parlament bleibe weiter am Ball. Man sei weiterhin offen für einen Kompromiss,
ob in dieser oder in der nächsten Legislaturperiode. In einer Presseerklärung
vom 15. Februar der EMPL-Verhandler heißt es: „Die mangelnde Bereitschaft
des belgischen Ratsvorsitzes, die Bemühungen des spanischen Ratsvorsitzes um
einen Gesamtkompromiss fortzusetzen, ist enttäuschend.“ Aber eine Aufspaltung
der Themen sei nicht zu akzeptieren. Nur Teile der Reform abzuschließen, würde bedeuten,
auf wesentliche Punkte seiner Position auf unbestimmte Zeit zu verzichten. Man
sei an einem ausgewogenen Paket interessiert. Im Übrigen ließe sich das
Parlament nicht in Geiselhaft nehmen, weil die Mitgliedstaaten Schwierigkeiten
haben, einen gemeinsamen Standpunkt zu finden.
Wie geht es weiter?
In der Tat ist es in der Vergangenheit zweimal gelungen,
eine vorläufige Einigung zwischen Parlament und Rat zu erzielen – im Frühjahr 2019
und im Dezember 2021. Beide Male wurde der Kompromiss von den Mitgliedstaaten
abgelehnt. Das Dossier wird wohl nun in der nächsten Legislaturperiode wieder
aufgenommen. Ob Gabriele Bischoff dann weiterhin die Fäden für die
Verhandlungen auf Parlamentsseite in den Händen halten wird, ist nicht
gesichert, aber wahrscheinlich. Mit ihrem Listenplatz 1 auf der Berliner
Landesliste der SPD für die Europawahl stehen ihre Chancen sehr gut, am 1. Juli
ins neu besetzte Parlament einzuziehen. Vieles spricht dafür, dass sie ihre
Expertise zum Koordinierungsrecht in die Waagschale werfen wird, wenn die
Zuständigkeiten für die Gesetzesverfahren neu verteilt werden.