Einigung beim Europäischen Gesundheitsdatenraum
Kompromiss zwischen Europäischen Parlament und Rat erzielt.
CC – 03/2024
Der Rat der
Europäischen Union (EU) und das Europäische Parlament haben in der Nacht vom
14. auf den 15. März eine vorläufige Einigung zum Europäischen Gesundheitsdatenraum
(EHDS) erzielt. Damit kommt die gesundheitspolitische Leitinitiative in dieser
Legislaturperiode der Europäischen Kommission einen entscheidenden Schritt
voran.
Nach insgesamt fünf
Trilogsitzungen – die erste war am 14. Dezember des letzten Jahres - einer
Sondersitzung, 27 technischen Sitzungen und intensiven Verhandlungen auf
unterschiedlichen Ebenen hatte nicht jeder an eine Einigung geglaubt. Zuletzt
wurden insbesondere noch drei Bereiche kontrovers diskutiert: Die
Opt-Out-Regelungen, die Patientenaktensysteme (EHR-Systeme) und die
Umsetzungsfristen.
Opt-Out Regelungen
Angesichts der unterschiedlichen
Sensibilitäten in den Mitgliedstaaten in Bezug auf den Grad der Kontrolle der
Patientinnen und Patienten über ihre Gesundheitsdaten, sollen die
Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, ein Widerspruchsrecht gegen den Zugriff
durch alle Personen, außer dem für die Datenverarbeitung Verantwortlichen,
vorzusehen (Opt-Out für die Primärdatennutzung). Bei der Sekundärdatennutzung
soll eine leicht abgeschwächte Opt-Out Option vorgesehen werden. Die
Patientinnen und Patienten sollen die Bereitstellung ihrer personenbezogenen
elektronischen Gesundheitsdaten für die Sekundärnutzung ablehnen können (Opt-Out
für die Sekundärnutzung). Damit soll ein Gleichgewicht zwischen dem Bedarf der
Datennutzer an umfassenden und repräsentativen Datensätzen und der Autonomie
natürlicher Personen in Bezug auf ihre personenbezogenen Gesundheitsdaten hergestellt
werden. Für bestimmte Zwecke, die in engem Zusammenhang mit dem öffentlichen
Interesse stehen, sollen die Mitgliedstaaten Ausnahmen vom Opt-out-Mechanismus
vorsehen können. Zum Beispiel bei Maßnahmen zum Schutz vor schwerwiegenden
grenzüberschreitenden Gesundheitsbedrohungen oder der wissenschaftlichen
Forschung aus wichtigen Gründen.
EHR-Systeme
Durch eine Selbstzertifizierung sollen elektronische
EHR-Systeme nachweisen können, dass sie die Anforderungen an Interoperabilität,
Sicherheit und Protokollierung für die Übermittlung personenbezogener
elektronischer Gesundheitsdaten erfüllen. Diese Anforderungen sind im
Austauschformat der EHR in zwei verpflichtenden Komponenten festgelegt – der
„European EHR systems exchanged interoperability component“ und der „European
logging component for EHR systems“. Diese sollen in Durchführungsrechtsakten
näher spezifiziert werden. Zudem soll eine digitale Testumgebung eingeführt
werden, in der vor dem Inverkehrbringen oder der Inbetriebnahme die EHR-Systeme
verpflichtend getestet werden müssen.
Umsetzungsfristen
Einige Fristen wurden in der politischen
Einigung angepasst. Die Verordnung zum Aufbau des Europäischen
Gesundheitsdatenraumes soll zwei Jahre nach ihrem Inkrafttreten gelten. Es gibt
aber zahlreiche Ausnahmeregelungen; je nach Anwendungsfall und Art der Daten.
So soll zum Beispiel das Kapitel IV zur Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten
frühestens vier Jahre nach Inkrafttreten gelten.
Wie es weitergeht
Nach einer
sprachlichen und rechtlichen Prüfung müssen das Parlament und der Rat dem
vorläufigen Verhandlungsergebnis noch zustimmen. Am 9. April werden die Ausschüsse für „Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit“ (ENVI) und „bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres“ (LIBE) in einer voraussichtlich letzten gemeinsamen Sitzung
über das Verhandlungsergebnis abstimmen. Das Plenum des Europäischen Parlaments
wird am 22. April endgültig das Verhandlungsergebnis abstimmen.
Am 22. März hat
bereits der Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) das Verhandlungsergebnis fachlich gebilligt, bevor im letzten Schritt der Rat
darüber abstimmen wird. Die Umsetzung des EHDS soll ab dem Jahr 2025 beginnen.
Es scheint, als würde der EHDS tatsächlich ab dem Jahr 2026 schrittweise in Kraft
treten. Dies wäre ein großer politischer Erfolg der EU.
In Deutschland
beginnt mit dem Gesetz zur verbesserten Nutzung von
Gesundheitsdaten (GDNG) und dem Gesetz zur Beschleunigung der
Digitalisierung des Gesundheitswesens (DigiG) nun die nationale parallele Umsetzung des EHDS.