Europäischer Rechnungshof zu COVID-19 Reaktion
Medizinische Agenturen der EU waren nicht umfassend vorbereitet, reagierten aber angemessen.
CC – 09/2024
Der Europäische Rechnungshof hat in einem Sonderbericht die Reaktion der EU-Gesundheitsagenturen auf die COVID-19-Pandemie
bewertet. Es ist die erste umfassende Prüfung der Leistung der beiden Agenturen
in einer Gesundheitskrise. Die Bewertung des Rechnungshofs ist zweigeteilt: Das
Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC)
und die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) waren zwar nicht vollständig auf
eine langanhaltende Pandemie vorbereitet, reagierten jedoch insgesamt
angemessen. Beide Agenturen hatten Notfallpläne für die öffentliche Gesundheit,
die sofort aktiviert wurden. Allerdings sahen diese Pläne keine Erweiterung der
Kapazitäten für den Fall einer schweren, langanhaltenden Pandemie vor.
Schwachstellen
Das
ECDC „unterschätzte“ für einige Wochen den Ausbruch des Coronavirus in China.
Aufgrund von zusätzlichen Hinweisen, die bekannt wurden, änderte es seine
Einschätzung entsprechend, urteilte der Rechnungshof. Das ECDC stellte den
Mitgliedstaaten Leitlinien und Unterstützung bereit, die zwar nicht immer
zeitnah verfügbar waren, jedoch in Ländern mit begrenzten wissenschaftlichen
Kapazitäten besonders geschätzt wurden. Allerdings folgten die nationalen
Entscheidungsträger den vorsichtigen Empfehlungen nicht immer. Interessant ist
das Urteil des Rechnungshofes zu einer sehr wichtigen Herausforderung in der Europäischen
Union (EU): Die vom ECDC gesammelten Daten über das Coronavirus und die
Pandemieerfahrungen der Mitgliedstaaten waren oft nicht vergleichbar.
Interessant
ist die Einschätzung des Hofes zur Zulassung und Bewertung der
COVID-19-Impfstoffe und -Therapien durch die EMA. Mit Unterstützung der
Kommission nutzte die EMA regulatorische Flexibilität, um das
Bewertungsverfahren für COVID-19-Impfstoffe und -Therapien zu beschleunigen,
insbesondere durch ressourcenintensive "fortlaufende Überprüfungen" -
so genannte "Rolling Reviews". Hier hätte der Ansatz „selektiver
angewendet werden können“, so der Rechnungshof, da das Rolling Review auch auf
Produkte angewendet wurde, die ein solch ressourcenintensives Verfahren nicht
rechtfertigen.
Drei Empfehlungen
Der
Hof gibt drei Empfehlungen:
- Das ECDC sollte seine interne
Organisation sowie seine Verfahren, Systeme und Veröffentlichungen weiter
verbessern, um besser für künftige gesundheitliche Notlagen gewappnet zu
sein.
- Die EMA sollte ihre Verfahren
und die Verbreitung von Informationen optimieren, um besser auf künftige
Pandemien vorbereitet zu sein.
- Die Europäische Kommission
sollte in Zusammenarbeit mit dem ECDC und der EMA die jeweiligen
Zuständigkeiten der Europäische Behörde für die Krisenvorsorge und
-reaktion bei gesundheitlichen Notlagen (HERA), des ECDC und der EMA
klarstellen und die Koordinierung verbessern.
Gleicher Tenor wie der Abschlussbericht des Parlaments
Auch
das Europäische Parlament hat in seinem Abschlussbericht des
Sonderausschusses zu den Erkenntnissen aus der COVID-19-Pandemie und
Empfehlungen für die Zukunft (COVI) Lehren gezogen (siehe News 07/2023). Die
deutlichste Aussage: Die EU war auf die COVID-19-Gesundheitskrise nicht
vorbereitet. Die Abgeordneten fordern in dem Bericht höhere Investitionen in
die Gesundheitsversorgung und in Forschung- und Entwicklung, die Einführung von
Überwachungsplänen für neu auftretende Gesundheitsbedrohungen und die
Sicherstellung der Transparenz von Produktions- und Lieferketten. Außerdem soll
die strategische Autonomie der EU bei wichtigen pharmazeutischen Inhaltsstoffen
und Arzneimitteln verbessert und eine EU-Strategie zur Bekämpfung von Long- und
Post-COVID entwickelt werden. Zudem fordern die Abgeordneten einen Europäischen
Gedenktag für die Verstorbenen der COVID-19-Pandemie.
Blick nach vorn
In
Reaktion auf die Pandemie sind in den vergangenen Jahren bereits wichtige
EU-Initiativen ergriffen worden, zum Beispiel das Legislativpaket zur
Europäischen Gesundheitsunion, zum Aufbau der HERA oder auch im Rahmen der Arzneimittelreform.
Die Europäische Kommission, die zuständigen Behörden sowie der Rat und das Europäische
Parlament wollen die aus der Pandemie gezogenen Lehren auch weiterhin fortsetzen.
Nach Ansicht des Hofes ist es noch zu früh, um zu beurteilen, ob diese
Maßnahmen ausreichen, um die Agenturen angemessen auf künftige Krisenfälle im
Bereich der öffentlichen Gesundheit vorzubereiten.