Abgeordnete fordern, Falschinformationen effektiver entgegenzuwirken.

AW – 10/2024

Im Unterausschuss für Gesundheit (SANT) des Europäischen Parlaments ist am 30. September eine Studie mit dem Titel „Verringerung der Auswirkungen von Desinformation auf die Gesundheit der Menschen in Europa“ vorgestellt worden. Die Studie wurde vom SANT angefordert und mit der Fachabteilung Wirtschaft, Wissenschaft und Lebensqualität des Europäischen Parlaments sowie dem Beratungsunternehmen Millieu Consulting umgesetzt. Neben den Auswirkungen von Desinformation auf die Gesundheit werden die derzeitigen Herausforderungen und Empfehlungen zum Umgang mit Desinformation für die Zukunft thematisiert. 

Definition und Umfang von Desinformation 

Die Autoren stellen heraus, dass es unterschiedliche Begrifflichkeiten gibt, die sich überschneiden und mit Falschinformationen im Zusammenhang stehen. Der Begriff Desinformation wird in der Studie definiert als die vorsätzliche und strategische Verbreitung falscher oder unvollständiger Informationen, die mit dem Element der Absicht einhergeht.

Gründe für Desinformation können sowohl politisch, ideologisch als auch wirtschaftlich bedingt sein. Auch tragen Medien und künstliche Intelligenz zu Desinformationen bei. Desinformation im Gesundheitswesen richtet sich sowohl an die allgemeine Öffentlichkeit als auch an bestimmte Personengruppen die auf kulturellen, religiösen oder soziökonomischen Faktoren beruhen. Die Kanäle der Desinformation sind sowohl online als auch offline. Online verbreitet sich Desinformation wesentlich schneller als offline.

„Infodemie“

Gesundheitskrisen stehen im Zusammenhang mit einem Überfluss an Informationen. Der Anstieg des Informationsflusses wird als „Infodemie“ bezeichnet. Die Informationen, sowohl genaue als auch irrführende, beeinflussen die öffentliche Gesundheit und die gesellschaftliche Wahrnehmung. Die allgemeine Skepsis, die in Gesundheitskrisen wie der COVID-19-Pandemie vorherrscht, verstärkt die Anfälligkeit für Desinformation. Mit Desinformationen können Ängste geschürt und so wirksame Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit behindert werden. Zu den Folgen gehören negative Auswirkungen auf die Gesundheit. 2020 erklärte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine weltweite „Infodemie“. Es bestand die Befürchtung, dass eine weltweite Epidemie von Fehlinformationen zur COVID-19 Pandemie, die sich rasch über Online-Plattformen und andere Kanäle verbreitet, ein ernsthaftes Problem für die öffentliche Gesundheit darstellen könnte.

EU-Initiativen

Die Studie beleuchtet ebenso die Rolle der Europäischen Union (EU) und hebt vorgeschlagene als auch bereits umgesetzte Maßnahmen auf europäischer Ebene hervor. Die EU hat Rahmen, Verhaltensempfehlungen sowie Initiativen wie das Schnellwarnsystem (RAS) und die Europäische Beobachtungsstelle für digitale Medien geschaffen (EDMO). Darüber hinaus wurden Regelungen für Online-Plattformen und Werbetreibende verschärft. Mit dem Europäischen Aktionsplan für Demokratie und dem Gesetz über Digitale Dienste (DAS) unterstützt die EU die Bekämpfung von Desinformation. 

Herausforderungen und Empfehlungen

Obwohl es bereits Maßnahmen mit dem Umgang von Desinformationen auf Europäischer Ebene gibt, gibt es Nachholbedarf. Die unterschiedlichen Ansätze der EU-Organe und der Mitgliedstaaten stellen eine erhebliche Herausforderung im Umgang mit Desinformation dar. Das Fehlen einer gemeinsamen Definition verkompliziert das Problem zusätzlich. Auch die Zunahme von KI-generierten Inhalten trägt dem verstärkt bei. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, ist es laut der Studie wichtig, die individuelle Medien- und Digitalkompetenz der Bürgerinnen und Bürger zu fördern. Zudem solle die Zusammenarbeit aller Akteure im Gesundheitswesen intensiviert werden. Eine transparente Kommunikation und die Nutzung wissenschaftlicher Erkenntnisse sind ebenfalls entscheidend. Der Umgang mit Desinformation im Gesundheitswesen erfordert daher einen umfassenden Multi-Stakeholder-Ansatz. Internationale Zusammenarbeit und Interventionen auf politischer, organisatorischer und sozialer Ebene seien unerlässlich. Die Abgeordneten des SANT-Ausschusses unterstrichen mehrheitlich, dass Desinformation zukünftig effektiver entgegengewirkt werden soll.

Nächste Schritte

Zuerst werden die designierten Kommissarinnen und Kommissare vom Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments (JURI) auf potenzielle Interessenkonflikte hin geprüft. Danach beginnt der Überprüfungsprozess durch die zuständigen Ausschüsse. Dafür müssen die Kommissarinnen und Kommissare zunächst schriftliche Fragen beantworten, danach folgen voraussichtlich ab 4. November die Anhörungen. Bei den anschließenden Abstimmungen gibt je ein Vertreter oder eine Vertreterin jeder Fraktion seine oder ihre Stimme ab (gewichtet nach Größe der Fraktion im Ausschuss). Für die Bestätigung ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Wird diese nicht erreicht, muss der Kandidat oder die Kandidatin zusätzliche schriftliche Fragen beantworten oder nochmal in die Anhörung, bevor erneut abgestimmt wird.