Jahresforum zur sozialen Sicherheit
Soziale Sicherheit ist Voraussetzung für einen starken Binnenmarkt.
DB – 10/2024
Die zunehmende Mobilität der Bürgerinnen und
Bürger innerhalb der Europäischen Union (EU) und die Weiterentwicklung des
europäischen Binnenmarktes macht eine intensive Zusammenarbeit der nationalen
Systeme der sozialen Sicherheit immer wichtiger. Diese Botschaft sendete das 3.
Jahresforum der European Social Insurance Platform (ESIP), dass am 15. Oktober im Scotland House in Brüssel
stattgefunden hat. Das Jahresforum ist das wichtigste öffentliche Event der
ESIP. Es stand in diesem Jahr unter dem Motto „Ein starker Wohlfahrtsstaat für
einen sozial robusten Binnenmarkt: Die Rolle der sozialen Sicherheit.“
Der
Tag war geprägt von intensiven Diskussionen darüber, wie der europäische
Binnenmarkt so gestaltet werden kann, dass er für alle Bürgerinnen und Bürger
gleichermaßen funktioniert. Expertinnen und Experten für soziale Sicherheit, Abgeordnete des Europäischen Parlaments, die Europäische
Kommission und die Wissenschaft beteiligten sich an drei Panels und einem
abschließenden Round Table.
Beschäftigtenmobilität fördern
Das
erste Panel „Förderung der Mobilität von Arbeitnehmenden in der EU und
Bekämpfung des Arbeitskräftemangels: Wo sich Sozialschutz und
Arbeitsmarktpolitik treffen“ konzentrierte sich auf den Fachkräftemangel und
den demografischen Wandel. Verschiedene Lösungsansätze wurden diskutiert,
darunter die fortlaufende Weiterbildung, um sicherzustellen, dass die
Fähigkeiten von Arbeitnehmerinnen und -nehmern mit den sich verändernden
Anforderungen des Arbeitsmarktes Schritt halten. Außerdem wurde die konsequente
Nutzung des „European Talent Pool“ hervorgehoben sowie die Vereinfachung der
Anerkennung ausländischer Ausbildungszertifikate, um den Zugang zum
Arbeitsmarkt zu beschleunigen.
Lücken im Sozialschutz schließen
Das
zentrale Thema des zweiten Panels „Ein Binnenmarkt, der für alle funktioniert:
Wie können wir die Lücken im Sozialschutz schließen?“ war die Notwendigkeit
verstärkter sozialer Investitionen in Europa. Hier wurde ein umfassender Ansatz
des lebenslangen Lernens betont, beginnend mit der frühkindlichen Bildung über
Schul- und Berufsausbildung bis hin zur aktiven Arbeitsmarktpolitik, die
Beschäftigung sichert und die Wiedereingliederung fördert. Im höheren Alter
stehen Prävention und Rehabilitation im Vordergrund, um aktives Altern und
soziale Teilhabe zu ermöglichen. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, Armut zu
bekämpfen, Inklusion zu fördern und Einkommensungleichheiten zu verringern.
Zugang zu bezahlbaren Arzneimitteln sicherstellen
Das
dritte Panel „Ein gemeinsamer Markt für Arzneimittel: Wie können wir den Zugang
zu erschwinglichen und wirksamen Arzneimitteln sicherstellen?“ konzentrierte
sich auf den Zugang zu bezahlbaren und innovativen Arzneimitteln. Es wurde die
Notwendigkeit hervorgehoben, Kapital für langfristige, risikoreiche
Investitionen in die Forschung und Entwicklung von Arzneimitteln
bereitzustellen. Besonders betont wurde die Bedeutung der hohen Kosten von „Orphan
Drugs“ (Medikamente für seltene Krankheiten) und die globalen
Lieferkettenprobleme, die den Zugang zu Medikamenten erschweren. Gleichzeitig
wurde auf die Notwendigkeit hingewiesen, biotechnologische Innovationen
voranzutreiben, ohne jedoch den erschwinglichen Zugang zur
Gesundheitsversorgung für alle Bürgerinnen und Bürger aus den Augen zu
verlieren.
Die
Diskussion zeigte, dass in den letzten Jahren die Ausgaben für Medikamente in
vielen Ländern gestiegen sind, angetrieben durch hohe Preise und teure
therapeutische Behandlungen, insbesondere für neue Produkte.
Untermauert
wurde dies durch die kürzlich veröffentlichte Studie „Rising Pharmaceutical Expenditure - A Call for Sustainable Solutions“,
die von ESIP in Zusammenarbeit mit dem Medicine Evaluation Committee (MEDEV)
erstellt und im Rahmen der Veranstaltung vorgestellt wurde.
Sozialstaat vs. Wettbewerbsfähigkeit
Den
Abschluss bildete ein Round Table unter der Headline „Die Sozialstaaten und die
Wettbewerbsfähigkeit Europas: Freunde oder Feinde?“. Die Diskussion zwischen den Europaabgeordneten Tilly Metz
(Greens/EFA), Vlad Voiculescu (Renew), Vytenis Andriukaitis (S&D) und
András Kula (EPP) konzentrierte sich auf die Frage, wie der europäische
Sozialstaat mit der Wettbewerbsfähigkeit Europas in Einklang gebracht werden
kann. Die Teilnehmenden bedauerten, dass es insbesondere im Gesundheitsbereich
nach wie vor keinen einheitlichen Markt gibt, was den Aufbau gemeinsamer
Kompetenzen erschweren würde. Diese mangelnde Koordination führe zu Asymmetrien
in Bezug auf Information, Wissen und Wirtschaftskraft zwischen den
Mitgliedstaaten. Dies würde den Binnenmarkt hinsichtlich Effizienz und Fairness
beeinträchtigen.