Rat ruft einen Neuen Deal für europäische Wettbewerbsfähigkeit aus. 

UM – 11/2024

Die Staats- und Regierungsspitzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) haben am 8. November in ihrer Budapester Erklärung aufgerufen, die europäische Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, die Souveränität, Sicherheit und Widerstandsfähigkeit zu wahren und den wirtschaftlichen Wohlstand zu sichern. Es gelte, bestehende Innovations- und Produktivitätslücken zu schließen. Anknüpfend an ihre Schlussfolgerungen aus dem April 2024 macht der Europäische Rat eine Reihe von „Treibern“ aus und formuliert seine Erwartungen an die neue Europäische Kommission. Diese habe rasch in die Arbeit einzusteigen. Hier einige zentrale Punkte:

Binnenmarkt 

Ein voll funktionsfähiger Binnenmarkt ist zentral für Innovation, Investition, Wachstum, Konvergenz und wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit. Bis Juni soll die Kommission eine umfassende horizontale Strategie zur Vertiefung des Binnenmarktes vorlegen, die neben einem klaren Zeitplan auch konkrete Meilensteine festlegt.

Kapitalmarktunion 

Schon im April hatte der Rat rasche Fortschritte bei der Kapitalmarktunion angemahnt. Das Gesetzespaket enthält auch den Richtlinienvorschlag für eine Harmonisierung des Insolvenzrechts. Weitere Fortschritte bräuchte es zudem zur Verwirklichung einer Spar- und Investitionsunion bis 2026.

Entbürokratisierung

Die Unternehmen bräuchten einen klaren, einfachen und intelligenten Rechtsrahmen und weniger Bürokratie. Die Kommission soll in ihrer Industriestrategie konkrete Vorschläge zur Reduzierung der Berichtspflichten um mindestens 25 Prozent im ersten Halbjahr 2025 machen. Bei der Vorbereitung legislativer Vorschläge sollen auch Folgeabschätzungen zu den Verwaltungslasten sowie zur Wettbewerbsfähigkeit aufgenommen werden.

Digitalisierung, Forschung und Entwicklung

Die digitale Transformation soll in allen Branchen beschleunigt werden, die technologischen Kapazitäten sind auszubauen, die Chancen der Datenwirtschaft auszunutzen. Hierzu sollen bis Juni 2025 Vorschläge vorgelegt werden. Damit Europa eine Spitzenposition in Forschung und Entwicklung einnehmen kann, sollen bis 2030 die diesbezüglichen Ausgaben drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes betragen.

Sozialer Dialog

Europa hat einen hohen sozialen Anspruch. Im Einklang mit der Europäischen Säule sozialer Rechte (ESSR) soll der soziale Dialog gestärkt, die Chancengleichheit gewahrt und Ungleichheiten abgebaut werden. Talente sollen erschlossen und in Kompetenzen investiert werden, um hochwertige Arbeitsplätze zu fördern.

Finanzierung

Der Draghi-Bericht „Die Zukunft der europäischen Wettbewerbsfähigkeit“ hat gezeigt: Europa muss erheblich investieren, um den Kontinent weltweit anschlussfähig zu halten und den Wohlstand zu sichern (siehe auch DSV-News 09/2024). Mario Draghi hatte eine Zahl von 750 Milliarden Euro pro Jahr aufgeworfen. Ungeachtet, ob diese Summe erreicht wird – gebraucht werden privates Kapital, aber auch öffentliche Investitionen. Die Regierungschefinnen und -chefs zeigten sich am 8. November entschlossen, den mehrjährigen Finanzrahmen, die Kapitalmarktunion und eine verstärkte Einbindung der Europäischen Investitionsbank zu nutzen und möglichst viel Finanzmittel zu mobilisieren. Das umfasse auch die Prüfung neuer Eigenmittel. 


Die DSV begrüßt, dass der Europäische Rat trotz seines Fokusses auf die Wettbewerbsfähigkeit der EU nicht übersehen hat, dass ein funktionsfähiger Binnenmarkt und eine starke europäische Wirtschaft eine umfassende soziale Flankierung brauchen. Hierzu soll zu Recht die ESSR weiterhin als Kompass dienen.