Anpassung der Medizinprodukteverordnung im Fokus der europäischen Gesundheitspolitik.

CC – 11/2024

Die Verfügbarkeit und Versorgung mit Medizinprodukten und In-vitro-Diagnostika steht erneut im Fokus der europäischen Gesundheitspolitik. Gründe dafür sind die für 2025 anstehende Evaluierung des regulatorischen Rahmens der Medizinprodukteverordnung (MDR), die neue Europäische Kommission unter der Leitung des designierten ungarischen Gesundheitskommissars Olivér Várhelyi und eine Entschließung des Europäischen Parlaments. Das Thema hat sich zu einem Dauerbrenner entwickelt – fast im wahrsten Sinne des Wortes.

Evalua­tion abwarten oder sofort handeln?

Am 23. Oktober verabschiedete das Europäische Parlament eine Entschließung, in der es eine dringende Überarbeitung der MDR fordert. Die Entschließung ist eine Reaktion auf Umsetzungsprobleme, die zu Engpässen bei Medizinprodukten – insbesondere bei Nischen- und Orphan-Produkten – sowie zu Herausforderungen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) geführt haben. Das Parlament fordert die Europäische Kommission auf, den MDR- und IVDR-Rahmen systematisch zu überprüfen, unnötigen Verwaltungsaufwand zu reduzieren und den Zertifizierungsprozess effizienter zu gestalten.

Diskus­sion über Fristen und Anpas­sungen

Im Vorfeld der Entschließung gab es intensive Diskussionen zwischen den Fraktionen, insbesondere über die Zeitpunkte und den Umfang möglicher Anpassungen. Das EU-Parlament fordert von der Kommission, bis Ende des 1. Quartals 2025 delegierte Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte zur MDR und IVDR vorzulegen. Das könnten Erleichterungen für kleine und mittlere Unternehmen bei der Rezertifizierung von Bestandsprodukten oder auch die Implementierung von Schnellzulassungsverfahren für Medizinprodukte, die eine therapeutische Lücke schließen, sein. Ein Änderungsantrag der EVP wurde abgelehnt, der die gezielten Änderungen bis Ende des dritten Quartals in der Entschließung festschreiben wollte. Die Kommission soll so bald wie möglich eine systematische Überprüfung aller relevanten Artikel dieser Verordnungen vorschlagen, begleitet von einer Folgenabschätzung. Diese routinemäßige Evaluierung war ohnehin für 2025 vorgesehen.

Desi­gnierter Gesund­heits­kom­missar signa­li­siert Hand­lungs­be­reit­schaft

In seiner Anhörung vor dem Parlament betonte der designierte Gesundheitskommissar Olivér Várhelyi, dass er die Forderungen des Parlaments aufgreifen und bis Ende des ersten Quartals 2025 gezielte Änderungen durch delegierte Rechtsakte prüfen und vorschlagen wird. Positiv aus Sicht der DSV ist, dass eine umfassende Neuverhandlung der MDR ausgeschlossen bleibt.


Der erste Schritt soll in einer gezielten Evaluierung der EU-Regeln für Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika bestehen. Diese Konsultation soll noch in diesem Jahr starten. Auf Basis der Ergebnisse sollen dann Anpassungen geprüft und vorgenommen werden.

DSV fordert gezielte Anpas­sungen für Orphan Devices

Die DSV warnt vor überstürzten Anpassungen an der MDR und lehnt Bestrebungen ab, den gesamten Regulierungsrahmen für Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika erneut zu verhandeln. Die bestehenden Vorschriften bieten bereits wertvolle Sicherheits- und Qualitätsanforderungen, die im Zuge von Anpassungen nicht abgeschwächt werden dürfen. Es braucht einen systematischen und unabhängigen Bericht über die Gründe der Rücknahmen von Medizinprodukten. Gleichzeitig sieht die DSV jedoch einen klaren Handlungsbedarf bei Orphan Devices – also Medizinprodukten, die für seltene Krankheiten und eine kleine Anzahl von Patienten entwickelt werden. Aus Sicht der DSV sind daher besondere Konformitätsbewertungsverfahren für diese Produkte sinnvoll. Die Bewertung der technischen Dokumentation von Produkten mit Orphan-Status soll dabei jeweils durch die verantwortlichen, Benannten Stellen erfolgen. Die klinische Bewertung und die Zweckbestimmung sollte hingegen eine zentrale Prüfstelle auf europäischer Ebene überprüfen und dabei die Expertenpanels der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) beteiligen. Detaillierte Vorschläge der DSV zu Orphan Devices und anderen Anpassungen der MDR finden Sie in der DSV-Stellungnahme.

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