EPSCO-Ratstagung
Aktuelle Beschlüsse zur EU-Gesundheitspolitik im Überblick.
CC – 12/2024
Die Gesundheitsministerinnen und -minister der Europäischen
Union (EU) haben sich am 3. Dezember in Brüssel zur Sitzung des Rates für
Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz (EPSCO)
getroffen. Im Mittelpunkt der Beratungen standen zentrale Themen der
europäischen Gesundheitspolitik, darunter der Nichtraucherschutz, die Reform
der Arzneimittelgesetzgebung sowie Maßnahmen zur Förderung der
Herz-Kreislauf-Gesundheit. Erstmals nahm auch der neue Gesundheitskommissar
Olivér Várhelyi an der Sitzung teil, der die bisherige Amtsinhaberin Stella
Kyriakides ablöste.
Rauch- und Aerosolfreie Umgebungen
Viel diskutiert und mit großer Aufmerksamkeit verfolgt –
insbesondere nach der gescheiterten Entschließung im Europäischen Parlament –
stand die Billigung der Ratsempfehlung zu rauch- und aerosolfreien Umgebungen im Mittelpunkt der Tagesordnung. Ziel
ist es, den Schutz vor Passivrauchen und Aerosolen zu verstärken und eine
"Generation Rauchfrei" bis zum Jahr 2040 zu schaffen. Die
EU-Mitgliedstaaten werden in der Empfehlung aufgefordert, den Schutz vor
Passivrauchen auf Außenbereiche wie Spielplätze und Restaurantterrassen
auszuweiten. Dies gilt auch für neuartige Tabakprodukte wie E-Zigaretten und
erhitzte Tabakerzeugnisse.
Die ungarische Ratspräsidentschaft betonte die Dringlichkeit
dieser Maßnahmen angesichts der veränderten Marktbedingungen seit 2009.
Deutschland äußerte grundsätzlich Zustimmung zu den gesundheitspolitischen
Zielen, enthielt sich jedoch der Billigung, da die Umsetzung in die
Zuständigkeit der Bundesländer fällt. Auch Griechenland enthielt sich. Die
ungarische Ratspräsidentschaft stellte klar, dass die Empfehlung rechtlich
nicht bindend ist und den Mitgliedstaaten somit Spielraum bei der Umsetzung
lässt.
Wettbewerb bei Arzneimitteln im Fokus
Ein zentrales Thema der EPSCO-Sitzung war zudem die Stärkung
der Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Gesundheitssektors. Auf Grundlage des Draghi-Berichts erörterten die Gesundheitsministerinnen und -minister Maßnahmen zur Förderung
der globalen Wettbewerbsfähigkeit. Gefordert wurden insbesondere verstärkte
Investitionen in Forschung und Innovation. Deutschland hob die Bedeutung vereinfachter
Verfahren für klinische Studien sowie die Attraktivität Europas als
Forschungsstandort hervor. Eine zentrale Rolle wird laut Kommission der
Critical Medicines Act sein, der die Versorgung mit essenziellen Arzneimitteln
sichern soll.
Auch im Rahmen des Fortschrittsberichts zur Arzneimittelreform stand der Wettbewerb im
Mittelpunkt. Gesundheitskommissar Várhelyi betonte, dass die Reform eine Chance
biete, den regulatorischen Rahmen zu modernisieren, Innovationen zu fördern und
den Zugang der Patientinnen und Patienten zu neuen Arzneimitteln in der
gesamten EU zu verbessern. Diese Reform sei zudem eine Gelegenheit, der EU
einen Wettbewerbsvorteil gegenüber globalen Märkten zu verschaffen. Während
kleinere EU-Mitgliedstaaten eine stärkere Balance zwischen den Bedürfnissen der
Patientinnen und Patienten und den Interessen der Industrie forderten, betonte
Deutschland die Bedeutung der Planbarkeit für die pharmazeutische Industrie.
Deutschland forderte zudem ein starkes Patent- und Datenschutzniveau, um
Innovationen innerhalb der EU zu schützen, und unterstrich die Dringlichkeit
praktikabler Lösungen zur Verbesserung des Zugangs zu Arzneimitteln.
Herz-Kreislauf-Gesundheit: Entschlossenere Prävention und bessere Versorgung
Die Gesundheitsministerinnen und -minister fordern in ihren gebilligten
Ratsschlussfolgerungen entschlossenere Anstrengungen zur Prävention von
Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit dem Fokus auf Prävention, Früherkennung,
Behandlung und Rehabilitation. Der Rat betont die Bedeutung von
Präventivmaßnahmen wie Gesundheitskompetenz, Sensibilisierung für
Herz-Kreislauf-Gesundheit und der Vermeidung ungesunder Lebensweisen (z. B.
Tabakkonsum, übermäßigen Alkoholkonsum, ungesunde Ernährung). Außerdem werden
die Mitgliedstaaten aufgerufen, einen gleichberechtigten Zugang zur
Gesundheitsversorgung im Bereich der Herz-Kreislauf-Erkrankungen sicherzustellen,
Vorsorgeuntersuchungen in Gesundheitskontrollen zu integrieren und die
Ausbildung von Gesundheitsfachkräften zu verbessern. Der Gesundheitskommissar
Varhelyi betonte die höchste Priorität, die der Prävention von
Herz-Kreislauf-Erkrankungen beigemessen wird, und forderte eine Intensivierung
der Bemühungen, unter anderem auch durch den angekündigten Plan für
Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Verbesserung der Organspende und -transplantation
Darüber hinaus billigte der Rat Schlussfolgerungen zur Verbesserung der Organspende und -transplantation. Diese zielen darauf ab,
den politischen Schwung zu erneuern, um die Praktiken der Organspende und
-transplantation in ganz Europa weiter zu verbessern. Insbesondere wird die
Kommission aufgefordert, den EU-Aktionsplan zur Organspende und
-transplantation zu aktualisieren. Dieser ist bereits zehn Jahre alt und es sei
Zeit, ihm erneut Nachdruck zu verleihen, so die ungarische Ratspräsidentschaft.
Reform der Verordnungen über Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika
Ein weiteres laufendes Thema ist die Reform der Verordnungen
über Medizinprodukte (MDR) und In-vitro-Diagnostika (IVDR). Deutschland,
Frankreich und sieben weitere Mitgliedstaaten fordern in einem gemeinsamen
Papier eine Überarbeitung der Verordnungen, um bürokratische Hürden
abzubauen und die Verfügbarkeit medizinischer Produkte zu sichern. Einigkeit
bestand bei den Mitgliedstaaten über die Notwendigkeit, den Rechtsrahmen zu
überarbeiten, um administrative Belastungen zu reduzieren und die Verfügbarkeit
von Medizinprodukten zu sichern. Frankreich hob die Bedeutung technologischer
Entwicklungen wie Künstlicher Intelligenz (KI) hervor und betonte die
Dringlichkeit eines schnellen Zugangs zu innovativen Geräten, insbesondere bei
seltenen Krankheiten. Es schlug vor, die EMA mit der Verwaltung von
Medizinprodukten auf EU-Ebene zu betrauen, analog zu bestehenden Strukturen in
einigen Mitgliedstaaten. Dies entspricht einer zentralisierenden Ausrichtung,
wie sie auch von der DSV in ihrer Stellungnahme vorgeschlagen wurde. Staatssekretär Steffens wies für Deutschland auf die
Notwendigkeit hin, Vorschriften kontinuierlich an aktuelle Entwicklungen
anzupassen. Er räumte ein, dass die Überarbeitung von 2016 zu überkomplexen und
schwer anwendbaren Regelungen geführt habe. Er forderte Bürokratieabbau, eine
stärkere Rolle der EMA, klarere Zertifizierungsregeln sowie spezifische
Maßnahmen für Kleinserienprodukte und innovationsbezogene Lieferketten, um die
Wettbewerbsfähigkeit der EU zu sichern und Patientinnen und Patienten besser zu
versorgen.