
Soziale Konditionalität
Agrarsubventionen werden mit Sozialaspekten verknüpft.
UM – 02/2025
Die Europäische Union (EU) verfügt seit Jahresbeginn über ein Instrument zur Bekämpfung von Sozialdumping: die „soziale Konditionalität“. Diese verknüpft im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) EU-Finanzmittel mit der Einhaltung von Sozialrechtsvorschriften. Im Zuge der jüngsten GAP-Reform ist festgelegt worden, dass zukünftig die Nichteinhaltung von arbeits- und arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften zu Beschäftigung, Gesundheit und Sicherheit zu Kürzungen der gewährten Zahlungen führen kann. Den Mitgliedstaaten wird die Möglichkeit eingeräumt, im Einklang mit ihren nationalen Kontrollsystemen für Arbeits- und Sozialvorschriften über den Umfang der Strafen bei Verstößen zu entscheiden. Die Umsetzung der sozialen Konditionalität erfolgt in Deutschland durch das Erste Gesetz zur Änderung des GAP-Konditionalitäten-Gesetzes und des GAP-Direktzahlungen-Gesetzes vom 18.11.2024.
Keine neuen arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften
Neu sind also nicht die in der Agrar- und Forstwirtschaft einzuhaltenden Arbeits- und Sozialvorschriften, die sich aus den Richtlinien (EU) 2019/1152 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen, 89/391/EWG über Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer und 2009/104/EG über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Benutzung von Arbeitsmitteln durch die Arbeitnehmenden ergeben. Neu ist das Druckmittel, das nun im Agrarbereich zur Anwendung kommen soll. Während sich bislang die Konditionalität – also die mit EU-Zahlungen verbundene Erteilung von Auflagen – auf Bereiche wie die Dauergrünlanderhaltung, den Erosionsschutz, die Bodenbedeckung in sensiblen Zeiten oder den Mindestschutz von Feuchtgebieten und Mooren bezog, tritt nun der Faktor Mensch hinzu. Die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Geldkürzungen soll dabei den unterschiedlichen landwirtschaftlichen Gegebenheiten in der Union Rechnung tragen. In Deutschland erfolgt die Umsetzung durch Bund und Länder.
Kein Sozialschutz, kein Geld
Das Sanktionsinstrument soll mit Beginn des Jahres durch die für die Mittelzuweisung im Agrarsektor zuständigen Zahlstellen angewendet werden. Diesen bleibt aber ein Ermessensspielraum, ob ein Verstoß gegen arbeits- oder sozialrechtliche Vorgaben zu finanziellen Kürzungen führen soll oder nicht. Um die soziale Konditionalität umzusetzen, werden die geltenden Kontroll- und Durchsetzungssysteme in den jeweiligen Mitgliedstaaten genutzt. Das bedeutet auch, dass die zuständigen Behörden personell aufrüsten müssen.
Das Ziel - eine sozialverträgliche Landwirtschaft
Die Zahl der landwirtschaftlichen Familienbetriebe schrumpft und die Abhängigkeit von Wanderarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern wird immer größer. Immer wichtiger wird es da, faire Arbeitsstandards zu gewährleisten. Dies hat auch der Europäische Ausschuss der Regionen in seiner Stellungnahme vom 21. November 2024 unterstrichen. Die soziale Konditionalität ist ein Baustein zur Gewährleistung fairer Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft. Handlungsbedarf ist gegeben, denn das Schutzbedürfnis der Beschäftigten in der Landwirtschaft ist hoch.