
Zukunft des sozialen Europas
ETUI und OSE stellen Bericht zum aktuellen Stand der europäischen Sozialpolitik vor.
JA – 04/2025
Am 3. April haben das European Trade Union Institute (ETUI) und das European Social Observatory (OSE) eine Veranstaltung zur Zukunft des sozialen Europas organisiert, bei der sie ihren neuen Bericht „Social policy in the European Union: state of play 2024” präsentierten. Vor dem Hintergrund eines erkennbaren Prioritätenwechsels in der Europäischen Kommission beleuchtet der Bericht den aktuellen Stand der europäischen Sozialpolitik. Dabei wird deutlich: Die Kommission richtet ihren Fokus zunehmend auf Themen wie Wettbewerbsfähigkeit und Sicherheit – während der Schutz sozialer Rechte scheinbar an Bedeutung verliert. Vor diesem Hintergrund zieht der Bericht eine Bilanz über die erste Amtszeit von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und wirft einen kritischen Blick auf die sich wandelnde Rolle der Sozialpolitik innerhalb Europas.
Erfolge der ersten Amtszeit von Ursula von der Leyen
Zu den Erfolgen der ersten Amtszeit von Ursula von der Leyen zähle unter anderem die verbesserte Arbeitsmarktsituation. Insgesamt hätten sich die Berufschancen deutlich verbessert und es seien qualitativ höherwertige Arbeitsplätze geschaffen worden, so der Bericht. Des Weiteren wird die Richtlinie zur Plattformarbeit als großer Erfolg und Meilenstein hervorgehoben. Damit würden die Rechte der Plattformbeschäftigten immens gestärkt und die Gefahr des Abrutschens in die Scheinselbständigkeit deutlich reduziert. Nun liege es an den Mitgliedstaaten, genauer zu definieren, wann eine Beschäftigung vorliegt.
Europa im Wandel – Migration und Bevölkerungsrückgang
Darüber hinaus wird dem Thema Migration in dem
Bericht eine besondere Bedeutung beigemessen. In Anbetracht der
prognostizierten Schrumpfung der Bevölkerungszahl und dem damit einhergehenden
Fach- und Arbeitskräftemangel innerhalb der Europäischen Union (EU) wird sich
der Migrationsdruck weiter erhöhen. Die EU sieht sich angesichts dieses Drucks
mit bedeutenden Herausforderungen konfrontiert, denen mit geeigneten Maßnahmen
begegnet werden müsse.
Reform der wirtschaftspolitischen Steuerung
Im Bericht wird die Reform des
Rahmens für die wirtschaftspolitische Steuerung eingehend analysiert und insbesondere
die möglichen Auswirkungen auf die nationale Sozialpolitik der einzelnen
Mitgliedstaaten diskutiert. Der Bericht konstatiert gewisse Fortschritte im
Vergleich zum vorherigen Rahmen, äußert sich jedoch mit Zurückhaltung
hinsichtlich der tatsächlichen Auswirkungen der Reform auf das soziale Europa.
Soziale Investitionen – ein Beitrag zur europäischen Wettbewerbsfähigkeit?
Der
Bericht betont, dass soziale Investitionen notwendig seien, um Europa
angesichts des stattfindenden Paradigmenwechsels hin zu Sicherheit und
Wettbewerbsfähigkeit in eine erfolgreiche Zukunft zu führen. Darüber hinaus wird
deutlich, dass Reformen im sozialen Bereich durch soziale Investitionen als
entscheidend für das Wirtschaftswachstum der EU angesehen werden könnten. Soziale
Investitionen, auch im Bereich der sozialen Sicherheit, hätten das Potenzial,
einen signifikanten Beitrag zur Verbesserung der Chancengleichheit auf dem
Arbeitsmarkt zu leisten und wirtschaftliches Wachstum zu fördern.
Ausblick
Der Bericht stellt infrage,
inwieweit es der EU gelingt, Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit mit dem
Anspruch auf sozialen Fortschritt sowie einem fairen, grünen Übergang zur
Klimaneutralität in Einklang zu bringen. Angesichts der aktuellen Krisen und Herausforderungen
bleibt offen, ob die sozialen Errungenschaften der ersten Amtszeit von Ursula
von der Leyen dauerhaft Bestand haben werden.