
Ostasiens Rentensysteme
unter Druck
Demografischer Wandel erfordert tiefgreifende Reformen.
AH – 05/2025
Am 16.
April hat die Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS) einen Bericht über demografiebedingte Rentenreformen in Ostasien veröffentlicht. Die ostasiatischen
Länder – darunter Japan, China, Südkorea und die Mongolei – stehen aufgrund der
rapiden Alterung der Bevölkerung vor großen Herausforderungen. Um die langfristige finanzielle Tragfähigkeit zu sichern und
die Belastungsgrenzen der jeweiligen Rentensysteme zu reduzieren, wurden
tiefgreifende Reformen beschlossen.
Aktuelle Zahlen verdeutlichen die Dimension
Laut dem Bericht wird der Anteil der über 65-Jährigen in den
ostasiatischen Regionen kontinuierlich zunehmen. In Südkorea könnte dieser bis
2060 auf 43,7 Prozent steigen, in Japan auf rund 37,4 Prozent. Gleichzeitig
wird sich der Altersquotient – das Verhältnis von älteren Menschen zu
Erwerbstätigen – in diesen Ländern mehr als verdoppeln. In Südkorea wird sogar ein
Anstieg von 23,6 Prozent auf 95,4 Prozent bis 2060 erwartet. Im Vergleich dazu wird
in Deutschland im Jahr 2060 etwa ein Drittel der Bevölkerung über 65 Jahre alt sein
(rund 32 Prozent), in Frankreich knapp 29 Prozent.
Gemeinsamkeiten der jeweiligen Reformen
China, Japan, Südkorea und die Mongolei haben gemäß ihren
jeweiligen politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit
entsprechenden Reformen auf diese Herausforderungen und zur Sicherung ihrer
Systeme reagiert. Dabei ist ein ähnliches Vorgehen bei der Umsetzung ihrer
Reformen festzustellen, etwa die schrittweise Anhebung des
Renteneintrittsalters, die Flexibilität bei der Gestaltung des Renteneintritts über
die Altersgrenzen hinaus und die Ausweitung des Versicherungsschutzes für bestimmte
Personengruppen. Es sind aber auch strategische Unterschiede zu erkennen.
Strategische Unterschiede und Ansätze
China setzt zusätzlich auf eine flexible Gestaltung der
Vorruhestandsregelungen und die Einführung einer kapitalgedeckten privaten
Altersvorsorge. Bereits im Jahr 2022 wurde zudem ein freiwilliges, steuerlich
begünstigtes Rentensystem eingeführt, um die private Altersvorsorge zu
verbessern.
Japan hat den Sozialversicherungsschutz für Teilzeitkräfte
reformiert und führt die bestehende automatische Rentenanpassung
(makroökonomischer Indexierungsmechanismus) fort. Zugleich wird die
Erwerbstätigkeit über das 65. Lebensjahr hinaus gefördert. Eine
Rentenverschiebung ist jetzt bis zum 75. Lebensjahr möglich.
Südkorea hat die schrittweise Beitragssatzerhöhung mit einer
gesteigerten, staatlich garantierten Einkommensersatzquote von 43 Prozent
kombiniert. Gleichzeitig wurden erweiterte Rentengutschriften für
Kindererziehung und Militärdienst sowie eine Beitragsentlastung für
einkommensschwache Versicherte eingeführt.
In der Mongolei wurde ein auf Informations- und
Kommunikationstechnologie (IKT) basiertes System für die Steigerung der
Effizienz eingeführt. Durch dieses digitale Instrument können Beitragszahlungen
besser überwacht und Verluste in den Versicherungsfonds verringert werden. Beschäftigte
Rentner und Rentnerinnen bleiben Beitragszahler, und Berufseinsteigende
unterliegen einem beitragsorientierten Modell.
Fazit und Blick auf Europa
Die Reformen in Ostasien liefern Ansatzpunkte, wie nationale
Rentensysteme langfristig tragfähig gestaltet werden können. Deutliche
Parallelen gibt es dabei zu Bestrebungen innerhalb der Europäischen Union (EU),
insbesondere im Hinblick auf die Sicherung der Renten, die Förderung
zusätzlicher Altersvorsorge und die Förderung von Beschäftigung über das
Renteneintrittsalter hinaus. Dies zeigt: Die Alterung der Gesellschaft ist eine
globale Herausforderung. Methoden zur Sicherung der Rentensysteme und deren
Anpassung an demografische Veränderungen sind zentrale Themen, die nicht nur in
Europa, sondern weltweit verstärkt diskutiert werden und
dabei Potenzial für gegenseitiges Lernen bieten.