
Europa im digitalen Wandel
Eurofound veröffentlicht Bericht zur digitalen Kluft.
AH – 07/2025
Die Europäische Stiftung zur
Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen (Eurofound) hat am 30. Juni
einen neuen Forschungsbericht vorgelegt. In dem Bericht werden die digitalen Entwicklungen in der
Europäischen Union (EU) im Kontext der wirtschaftlichen und sozialen Annäherung
analysiert. Anhand von Kennzahlen wurde untersucht, inwieweit sich
Mitgliedstaaten, Unternehmen, Regionen und Bevölkerungsgruppen digital einander
annähern – oder voneinander entfernen. Ziel ist es, langfristige Trends
sichtbar zu machen und Wege aufzuzeigen, wie die EU die digitale Kluft
nachhaltig verringern kann.
Fortschritte in der digitalen Annäherung
Die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der
Leyen hatte bereits im Jahr 2019 den digitalen und grünen Wandel zur zentralen
Aufgabe erklärt. Dabei wurde gleichzeitig versprochen, dass bei diesem Wandel
niemand zurückgelassen werden soll.
In diesem Kontext zeigt der
Bericht, dass die EU in den letzten zwei Jahrzehnten deutliche Fortschritte bei
der Digitalisierung gemacht hat. So konnten die Mitgliedstaaten mit bislang
geringerer digitaler Ausstattung deutliche Fortschritte erzielen und den
Abstand zu den führenden Ländern verringern. Die Mehrheit der untersuchten
Indikatoren weist auf eine positive Entwicklung im Sinne einer sogenannten
„Aufwärtskonvergenz“ hin.
Digitale Ungleichheiten und deren Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum
Trotz der digitalen Annäherung macht
der Bericht deutlich, dass weiterhin erhebliche Unterschiede innerhalb der
einzelnen Mitgliedstaaten bestehen – insbesondere zwischen verschiedenen
sozioökonomischen Gruppen und Regionen. Aus dem Bericht geht zudem hervor, dass
der digitale Wandel eng mit der Wettbewerbsfähigkeit der EU verknüpft ist, da
technologische Entwicklungen nachweislich maßgeblich zur
Produktivitätssteigerung beitragen.
Während viele größere Unternehmen
– insbesondere in den städtischen Regionen – den Digitalisierungsprozess aktiv
vorantreiben, sind kleinere Unternehmen im ländlichen Raum in ihrer digitalen
Entwicklung oft weniger weit fortgeschritten und können mit diesem Tempo nicht
mithalten. Fehlende digitale Kompetenzen sowie ein ungleicher Zugang zur
digitalen Infrastruktur wirken sich negativ auf das Leistungspotenzial kleiner
und mittlerer Unternehmen – und damit auch auf das Wachstumspotenzial vieler
Regionen und somit auch auf die Gesamtwirtschaft – aus.
Auswirkungen digitaler Ungleichheiten in der sozialen Teilhabe
Der eingeschränkte oder fehlende Zugang zu digitalen
Technologien führt für einen Teil der EU-Bevölkerung zu spürbaren Nachteilen im
Alltag. Besonders betroffen sind einkommensschwache Haushalte, ältere Menschen
und Personen mit geringerem Bildungsstand. Sie verfügen oftmals weder über den
Zugang zu digitalen Technologien noch über die entsprechenden Kompetenzen, um sicher
in der digitalen Privat- und Arbeitswelt agieren zu können.
Die zunehmende Digitalisierung in den öffentlichen
Verwaltungen und Sozialversicherungsträgern stellt für diese Bevölkerungsgruppe
ebenfalls eine große Herausforderung dar. Gerade diejenigen, die besonders auf
öffentliche Dienstleistungen angewiesen sind, haben häufig Schwierigkeiten,
sich in den digitalen Verwaltungsprozessen zurechtzufinden. Der Bericht weist
auf mögliche gesellschaftliche Folgen dieser Entwicklung hin. Sofern die
digitalen Unterschiede nicht gezielt verringert werden, kann diese Entwicklung zu
einer immer stärkeren sozialen Fragmentierung führen.
Digitale Inklusion für eine gerechte Zukunft
Mit dem Politikprogramm
für die digitale Dekade hat sich die EU klare Ziele wie die Förderung
digitaler Kompetenzen bei 80 % der Bevölkerung sowie den Ausbau moderner
digitaler Infrastruktur und Technologien für 2030 gesetzt, um eine
zukunftsfähige und inklusive digitale Gesellschaft zu schaffen. Diese Strategie
wird von diversen Verordnungen wie dem European Data
Act und Digital
Service Act sowie durch umfangreiche Investitionen in die künstliche
Intelligenz (KI) unterstützt.
Der aktuelle Bericht verdeutlicht, dass technologische
Fortschritte allein nicht ausreichend sind, um eine digitale Ausgrenzung zu
vermeiden. Maßnahmen wie Schulungen in Regionen mit geringem
Digitalisierungsgrad oder analoge Alternativen für digitale Verwaltungsdienstleistungen
sind notwendig. Bildungseinrichtungen und Unternehmen sollten Programme
anbieten, die alle drei Ebenen der digitalen Inklusion ansprechen: Zugang,
Nutzung und konkrete Ergebnisse.
Digitale Teilhabe ist daher eine grundlegende Voraussetzung
für Chancengleichheit, gesellschaftliche Integration und wirtschaftlichen
Erfolg. Nur wenn alle Bevölkerungsgruppen der EU mitgenommen werden – so das
Fazit des Berichts – kann Europa den digitalen Wandel erfolgreich und gerecht
gestalten sowie den sozialen Zusammenhalt langfristig stärken.